Archiv der Kategorie: Kontext

RTI: Vergleich von Zwei Gürtelsegmenten aus dem 16 Jahrhundert

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Für interaktive Lichtsimulation und Vergrößerung bitte zunächst auf die Glühbirne klicken, dann kann mit dem Mauszeiger der Lichteinfall verändert werden; zoomen mit den +/- Zeichen am Rand.

B) Digitalisierungsprozess

Gürtelsegment 47h

Ort, Zeit, Beteiligte: Universität Passau, Digital Humanities Labor (HK14b), am 30.07.2018 10:00 Uhr durch Anastasia Ederer

Equipment: Canon EOS 6D, Objektiv: 50 mm Festbrennweite, Kamera-Objekt Entfernung ca. 23 cm.

RTI-Aufnahmemethode: Benutzung von RTI-Drehteller mit LED Lampenarm um das Objekt zu Beleuchten. Gebrauch von zwei RTI-Referenzkugel mit einem Durchmesser von 10 mm. Auf einer Reprostation mit Stativ zur Kamerapositionierung und ‑Fixierung aufgebaut. Ein USB-Kabel wurde verwendet um die Verbindung von Kamera und PC zu schaffen.

Aufbau: Kameraposition fixiert 90° Grad über dem Objekt an Reprogerät, Unterlage mit RTI-Hilfskreisschema zur Orientierung/Lichtpositionierung.

Aufnahmesituation: Der Raum würde in dem Prozess vollständig abgedunkelt.

Kameraeinstellungen:

Modus: Autofokus

Datenformat: JPEG  Auflösung: 72 dpi / 5472 x 3648 Pixel
Belichtung: ISO 100, Brennweite 50, Blendenzahl F10, Verschlusszeit 3,2‘

Messmethode zur Belichtungsmessung und Weißabgleich: Automatisch

Fokussierung: Autofokus

Fernauslöser: Ja, Steuerung via PC / Software, hier Canon Utility

Aufnahmen: fünf Winkeln, für jeden Winkel (20 – 30 – 40 – 50 – 60°) 12 Aufnahmen in 30° Schritten, Anfangsposition immer abwechselnd bei 10° oder 15°, 60 Bilder insgesamt.

Modellerstellung

Verwendete Software, Version: RTIBuilder, v2.0.2

Anzahl der Aufnahmen für das zu erstellende Modell: 60

Nachbearbeitung der Bilder: keine

Nachjustierungen während des Erstellens in der Software: keine

Bildmaterial:

Abbildung 2- Screenshot von Vorderseite in Default

Gürtelsegment 14

Kurzbeschreibung: Das aus Julbach stammende Gürtelsegment ist auch ein verehrungswürdiger Fund. Das Artefakt besteht auch aus einem Metallenem Material wie Fundstück 47h, aber beinhält keinen Kupfer Nagelkopf vor der rechten Spitzen Seite des Objekts. Nur die Vorderseite des Artefakts ist geprägt währende die Hinterseite leer ist. Es hat eine Größe von 5 x 2 cm und wiegt 6,57 g. Aus dem in den anderen gepressten Rand des Gegenstandes kann geschlossen werden, dass zwei Metallbleche zusammengehämmert wurden. Im Gegensatz zu Fundstück 47h, die Vorderseite des Objekts ist deutlicher verschlissener. Dies könnte darauf hindeuten, dass es sehr oft in Kontakt mit dem alltäglichen leben und umständen gekommen ist, und nicht gut aufbewahrt würde, dass es in einem sicher weggepackten Ort aufgehoben wurde. Es könnte sogar sein, dass das Fundstück den Landshuter Erbfolgekriegs von 1504 durchgemacht hat und dadurch wenig ausgeleiert wurde. Dieses Artefakt kann genauso gut zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert eingeordnet werden. Wenn man das Objekt genauer für seine dekorativen Merkmale schaut, bemerkt man das dies nur von floralen Motiven bedeckt ist. Im Zentrum ist eine liegende Frau zu erkennen, elegant hingelegt. Hier, im Vergleich zu Fundstück 47h, sind keine Geometrische Prägungen zu finden. Es hat auch ein Schlupfloch, wo es sich vermutlich an einem weiteren Segment oder Kette angebunden gewesen wäre. Dieses Fundstück ist eindeutiger eher ein Segment eines Frauenschmuckgürtels denn die Abbildungen femininer sind als die auf 47h und dementsprechend würdiger als Frauen Accessoire dienen würde.

Kontextualisierung: Leider gibt es generell wenige Informationen zu Julbach und seine Schätze, historisch betrachtet, aufgrund des Landshuter Erbfolgekriegs in 1504, ein Gewaltsamer Untergang durch Brandrodung, wo die Burg und Ihre Mauern zerstörten wurden. Durch Grabungen Vorort im Jahr 2003 wurden verschieden Funde entdeckt, unteranderem: Verlagerte Gebrauchskeramik aus dem 13.- 16. Jhdt., Eisenteile, Putzfragmente Knochen, Reitzubehör, Münzen und Spielsteine.

Herstellung und Verwendung[1]: Solche Gürtelsegmente aus dem 16. und 17. Jahrhundert teilen alle einen sehr ähnlichen Aufbau: „aus Segmenten bestehende, stumpf endende Schließen ohne flexible Längeneinteilung und mit mehrteiligen Anhängekombinationen[2]“. Sie können als Ketten – oder Segmentgürtel sowie als Gürtel mit Textil – oder Lederbesatz erzeugt werden. Durch diese Merkmale können sie unter dem Begriff Frauenschmuckgürtel als Typ „Segmentgürtel mit mehrteiliger Anhängekombination“ anerkannt werden. Drei Herstellungsvarianten gibt es für die Produktion von Gürtelsegmentteile:

Variation I Massiver Guss, bei dem die einzelnen Segmente mit Scharnierhülsen und Dekor in einem Stück gegossen wurden.
Variation II Geschmiedete Bleche (Blechstärke > 0,10 cm) mit geprägtem und ziseliertem oder graviertem Dekor, bei denen vorhandene Scharnierhülsen durch Zurückbiegen des Bleches um eine Seele und Ausschneiden der Hülsenbreite gefertigt wurden. Der Blechrest wurde dabei stets auf der Vorderseite vernietet und verziert.
Variation III

Geschmiedete oder gewalzte Bleche (Blechstärke < 0,10 cm) mit

geprägtem oder gepresstem Dekor, bei denen die Segmente mit zwei Blechen zu einem Kasten zusammengesetzt, sowie auch durch mittiges Falten als Doppelblech verarbeitet wurden.

Variationen der Herstellung von Gürtelsegmente laut Jörg Harder (2009, S. 3)

 Aus der obigen Tabelle kann abgeleitet werden, dass die Herstellungsvariationen sich in der Herstellungstechnik, Qualität und vielleicht auch in dessen Wert unterscheiden. Logischerweise muss ein gegossenes Objekt aufwendiger herzustellen sein und benötigt auch mehr Grundmaterial als ein einfaches dünnes Blech. Diese Gürtelteile wurden aus Metalenes Material in Negativen Gussformen aus Holz, anderen Metallen, sowie auch Ton gegossen um sie herzustellen und dann eingraviert.  Die gegossene Gürtelsegmente die einfacheren Motive tragen deuten auf Massenproduktion, denn das stück wurde nicht vollständig mit sorge bearbeitet. Anderseits gibt es auch hochwertigere und Edlere Exemplare an Gürtelsegmente, die aus Gold oder Silber bestehen und mit Edelsteine beschmückt werden. Es ist erforderlich zu merken, dass solche Frauenschmuckgürtel ausführlich von Frauen aus allen Sozialgruppen getragen wurden. Diese Gürtel wurden meistens aus Bronze, Silber und Eisen hergestellt. Fundstücke 47h und 12 a, b stehen in starkem Gegensatz zu den wertvollen Gold- und Silberschmiedearbeiten, denn die Gravierungen sind nicht präzise genug angefertigt. Merkmale wie unvollständige Details, tiefe Feilrillen, Sägeeinschnitte und andere Herstellungsfehler sind offensichtliche Bearbeitungsspuren. Gleichzeitig sind sie auch Hinweise auf das handwerkliche Niveau des Herstellers. Umso deutlicher die Fehler zu erkennen sind, umso schwächer die Qualität des Werkes. Deshalb ist eine massenhafte Produktion für die meisten Stücke anzunehmen. Die Werkstätten in der Zeit, waren nicht auf die Gürtelherstellung spezialisiert, und diese Gürtelteile waren nur ein Produkt unter vielen anderen. Dennoch kann es beschlossen werden, dass die Herstellungsvariation III die einfachste ist um eine Anbindung an einer Kette oder eine Textil- oder Lederborte durchzuführen. Der hauptsächliche Grund dieser Gürtel war rein dekorativ und nicht funktional. Ab dem 17. Jahrhundert sind solche Gürtel immer weniger geworden und wenigere Funde wurden darauf gemacht denn in dieser Zeit sind die aus Mode gegangen.

Für interaktive Lichtsimulation und Vergrößerung bitte zunächst auf die Glühbirne klicken, dann kann mit dem Mauszeiger der Lichteinfall verändert werden; zoomen mit den +/- Zeichen am Rand.

Digitalisierungsprozess

Ort, Zeit, Beteiligte: Universität Passau, Digital Humanities Labor (HK14b), am 06.06.2018 11:30 Uhr durch Anastasia Ederer, anwesend war auch Susanne

Equipment: Canon EOS 100D, Objektiv: 18-55 mm Zoom Objektiv, Kamera-Objekt Entfernung ca. 23 cm

RTI-Aufnahmemethode: Benutzung von RTI-Drehteller mit LED Lampenarm um das Objekt zu Beleuchten. Gebrauch von ein RTI-Referenzkugel mit einem Durchmesser von 10 mm. Auf einer Reprostation mit Stativ zur Kamerapositionierung und ‑Fixierung aufgebaut. Ein USB-Kabel wurde verwendet um die Verbindung von Kamera und PC zu schaffen.

Aufbau: Kameraposition fixiert 90° Grad über dem Objekt an Reprogerät, Unterlage mit RTI-Hilfskreisschema zur Orientierung/Lichtpositionierung.

Aufnahmesituation: Der Raum würde in dem Prozess vollständig abgedunkelt.

Kameraeinstellungen:  

Modus: Autofokus

Datenformat: JPEG  Auflösung: 72 dpi / 5184 x 3456 Pixel
Belichtung: ISO 100, Brennweite 55, Blendenzahl F11, Verschlusszeit 2‘

Messmethode zur Belichtungsmessung und Weißabgleich: Multispot, Automatisch

Fokussierung: Autofokus

Fernauslöser: Ja, Steuerung via PC / Software, hier Canon Utility

Aufnahmen: fünf Winkeln, für jeden Winkel (20 – 30 – 40 – 50 – 60°) 12 Aufnahmen in 30° Schritten, Anfangsposition immer abwechselnd bei 10° oder 15°, 60 Bilder insgesamt.

Modellerstellung

Verwendete Software, Version: RTIBuilder, v2.0.2

Anzahl der Aufnahmen für das zu erstellende Modell: 60

Nachbearbeitung der Bilder: keine

Nachjustierungen während des Erstellens in der Software: keine

Bildmaterial:

Abbildung 3- Screenshot in Normals Visualisation

Abbildung 4- in-the-making Screenshot von Gürtelsegment in Specular Enhancement

Abbildung 5- Screenshot von Fundstück 12 a, b in Default.

C) Fazit/Anwendungsvorschläge

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Digitalisierung von Artefakten die klügste und innovativste Art und Weise ist, die Produkte unserer Geschichte heutzutage zu archivieren. Es ist wichtig solche neuen Speichermöglichkeiten auszunutzen, denn effizienteres speichern und verteilen an einer breiteren Reichweite so ermöglicht werden kann. So kann das Kulturgut einer Gesellschaft effektiv an mehreren Orten problemlos sowohl wie auch in Vielfalt gespeichert und geteilt werden. Solches archivieren von Artefakten in digitalisierte Form dient der Forschung und Museen zum größtenteils, wie in der Inventur, beispielsweise.

Das RTI verfahren ist perfekt für die Erstellung von Dreidimensionale Digitalisate, denn das Artefakt kann von verschiedene perspektiven in verschieden Lichtverhältnisse betrachtet werden und wird im Auge des Betrachters realistisch wahrgenommen.

 D) Literatur

Harder, Jorg, Historische Archäologie- Segmentgürtel mit mehrteiliger Anhängekombination – Ein Frauenschmuckgürtel der Renaissance, Berlin, 2009, http://doczz.net/doc/5741077/j%C3%B6rg-harder—historische-arch%C3%A4ologie.

[1] Im Auftrag von Fundstücke 47h und 12 a, b wird die gegebenen Informationen zur Verwendung und Herstellung der Gürtelsegmente geteilt.

[2]  Harder, 2009, s.14.

Die Taschensonnenuhr aus Hilgartsberg – Travelling through Space and Time à la Peuerbach. Teil II: Objektbeschreibung und Datierung

Objektbeschreibung

Im Fokus der Beitrags-Serie zum Thema spätmittelalterliche Reise- bzw. Taschensonnenuhren liegt das in Beitragsteil I. bereits kurz vorgestellte Exemplar, gefunden auf der Burg Hilgartsberg an der Donau, einige Kilometer stromaufwärts von Passau gelegen.

Burg Hilgartsberg heute, Blickrichtung Passau. Bildquelle: http://burgverein-hilgartsberg.de/ruine/

Genau genommen handelt es sich bei dem Objekt um den Stundenring einer solchen Uhr, vergleichbar mit dem Ziffernblatt einer (modernen) Armband- oder Taschenuhr, von ca. 4,2 cm Durchmesser.

Der Stundenring aus Metall kam während der Grabungen 2007–2009 auf der Burg Hilgartsberg im Zwingerbereich zu Tage.

Nicht erhalten hat sich bei der Hilgartsberger Uhr der Polos, auch Gnomon bzw. Schattenwerfer, als essentieller Bestandteil jeder Sonnenuhr. Verschiedene Ausführungen sind möglich, bspw. in Form eines Stabs, aufgespannten Fadens oder Poldreiecks, dessen Hypotenuse dem Polos entspricht. Unter Reisesonnenuhren werden alle Sonnenuhren zusammengefasst, die, anders als ortsfeste oder Tischsonnenuhren, zum Abfragen der Tageszeit mit auf Reisen genommen und unterwegs benutzt werden konnten. Daraus ergibt sich das ‚taschenfreundliche‘ Format. Besonders beliebt waren Versionen als Klapp- oder Büchsensonnenuhr:

Büchsensonnenuhr, hier jüngeren Datums (18. Jh). Bildquelle: Historisches Musuem Basel

Die einzelnen Bestandteile waren damit kompakt und beschädigungssicher zusammengefügt; (mindestens) zwei gleichgroße Platten (Klappsonnenuhr) oder Ringe waren mittels Scharnier verbunden, so dass sich dazwischen ein Faden oder klappbarer Schattenwerfer aufspannen bzw. stellen ließ. Eine überaus wertvolle zeitgenössische Bildquelle ist die Zeichnung eines ‚Mannes mit Taschensonnenuhr‘[1], angefertigt um 1505/08 von Urs Graf d. Ä. (1485–1528), der bezeichnenderweise nicht nur Kupferstecher sondern auch Goldschmied war. Sie zeigt uns ein Exemplar ‚in Aktion‘ und gibt Vorstellung von Handhabung dieser prestigeträchtigen Zeitmessinstrumente:

Bildquelle: Online-Datenbank Kunstmuseum Basel   [Vgl. dazu den Eintrag auf der Online-Datenbank des Kunstmuseums Basel, u. Schmid, H. A.: Der junge Mann mit der Taschensonnenuhr, in: Das Werk. Architektur und Kunst, Zeitschrift des Bundes Schweizer Architekten, Heft 8, 1939, S. XVI–XVIII.]
Detailliert sind auf der Zeichnung die einzelnen Bestandteile wiedergegeben, bis hin zur Beschriftung. Diese ist bei der Hilgartsberger Uhr wesentlicher Aspekt für Überlegungen zu Datierung, Herstellung und Nutzung: Der Stundenring zeigt die Ziffern 4–12 und 1–8 in überwiegend arabischer Schreibweise, es auffallend sind die Abweichungen bei den Ziffern 1, 2 und 12 in römischer Schreibweise. Das Ziffernband ist mittig auf dem äußeren, breiteren Ring platziert, innerhalb zweier dünner, umlaufender Linien. Auf der äußeren der beiden Linien sind die Stundenpositionen zusätzlich mit punktförmigen Markierungen exakt definiert, von denen aus jeweils ein Strich zum äußeren Rand verläuft. Die Rückseite zeigt sich rauer und unbearbeitet, bis auf einige Kratzer, die allem Anschein nach nicht dem Herstellungsprozess zuzuordnen sondern als Gebrauchsspuren zu deuten sind.

Rückseite des in Hilgartsberg gefundenen Stundenrings (Ausschnitt)

Die freie Fläche innerhalb des Stundenrings wird von drei gleichgroßen, dünneren Ringen überspannt und gegliedert. Gelblicher Glanz an Stellen mit und die abgeschrägten Kanten lassen vermuten, dass das flache, nur wenige Millimeter dicke Objekt aus einer Messingplatte ausgestanzt wurde.

Dazu passt auch die Beobachtung, dass zwischen den kleinen Ringen und dem äußeren Ring kein Übergang / Bruch im Material zu erkennen ist. In der Mitte zwischen den beiden kleineren Ringen näher der Position der Zwölf befindet sich ein kleines Loch mit Bruchstellen zu beiden Seiten. Dieses dürfte im Zusammenhang mit der Anbringung des Polos zu verstehen sein, jedoch muss dieser noch mindestens an einer weiteren Stelle befestigt gewesen sein, ohne dass sich davon Spuren, etwa in Form von Resten eines Scharniers, am erhaltenen Stundenring erkennen lassen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Stundenring aus Hilgartsberg der letzte erhaltene Teil einer ursprünglich aus mehreren Bestandteilen bestehenden Taschen-, wahrscheinlich einer Büchsensonnenuhr, ist.

Ausschnitt RTI-Aufnahme des Hilgatsberger Stundenrings mit Übergang der mittigen drei Ringe zum äußeren beschrifteten Ring und dem Loch zur Führung des Polos.

Offensichtlich war für die Herstellung solcher Zeitmessgeräte Spezialwissen nötig, und zwar in mehrerlei Hinsicht: Grundlegend war zunächst der Zugang zu ausgesuchtem Material und Werkzeug, zudem Erfahrung in der Herstellung auf Basis einer spezieller Ausbildung, etwa im Rahmen einer auf Instrumentenbau spezialisierten Goldschmiedewerkstatt. Dann bedurfte es der Käufer bzw. Auftraggeber, die sowohl über ausreichende finanzielle Mittel verfügten, Material und Arbeitszeit für die Herstellung zu bezahlen, als auch über das zur Handhabung nötige Wissen, das einen gewissen Grad an (universitärer) Bildung verlangte.

Dass sich an der Objektgruppe spätmittelalterlicher Taschensonnenuhren weit mehr als die Tageszeit ablesen lässt, wird schon mit diesen grundlegenden Überlegungen deutlich. Herstellung und Verwendung dieser Objekte verweisen deutlich auf Zugehörigkeit einer gehobenen Gesellschaftsschicht, die am Puls des Zeitgeschehens lag oder darin sogar Vorreiterrolle einnahm. Die Uhren sind damit (An)zeiger von Fortschrittlichkeit und dadurch besonders gut geeignet, um nicht nur zeitlich und räumlich, sondern auch gesellschaftsgeschichtlich Rückschlüsse auf das Zeitgeschehen im Kontext ihrer Entstehung zu ziehen. Dass dies auch im Speziellen zutrifft, im Fall der Hilgartsberger Uhr sogar geradezu mustergültig, zeigt sich schon bei ersten Vergleichen mit ähnlichen Objekten:

Vergleichsobjekte, Datierung und typologische Einordnung

Ein Vergleichsobjekt erster Güte stellt die auf der Burg Grafendorf in der Gemeinde Stockerau / Niederösterreich (zwischen Krems und Wien in Donaunähe) gefundene Taschesonnenuhr da.

Stundenring des auf der Burg grafendorf gefundenen Stundenrings einer Äuquatorial-Taschensonnenhur. Bildquelle: Salzer, 2012 (Vgl. Anm. 2) , S. 398, Abb. 58.
Bildquelle: Salzer, 2012, S. 620, Tafel 116. (Vgl. Anm. 2)

Erhalten haben sich hier sowohl der Stundenring als auch der Schattenstab aus Messing, der Ringdurchmesser beträgt 3,6 cm. Auf dem Ring sind von links nach rechts die Ziffern 4–12 und 1–8 eingeritzt, in arabischer Schreibweise ganz ähnlich der Hilgartsberger Uhr, jedoch fehlerfrei bzw. ohne ‚römische Abweichungen‘. Auch weisen beide Ringe aus Grafendorf wie die Hilgartsberger Uhr die Stundenstriche am Rand auf. Zudem hat sich bei der Uhr aus Grafendorf der Einsatz der den Polstab tragenden Querstange erhalten. Die Grafendorfer Uhr ist dem Typus der Äuatorialsonnenuhren zuzuordnen: „Das Zifferblatt dieser [Art] Sonnenuhr muss zum Ablesen der Zeit mittels eines Polhöhen- bzw. Breitenquadranten für jede geographische Breite (Polhöhe, elevatio poli) parallel zur Äquatorebene gestellt werden.“ Das bedeutet, es war zur Bedienung die Kenntnis der jeweiligen eigenen Position auf der Erdkugel in Relation zum Äquator nötig. „Zur Erleichterung sind daher auf vielen dieser [Art] Uhren sogenannte Elevationstafeln mit – anfangs teils fehlerhaften – tabellarischen Angaben der Polhöhen wichtiger Städte zu finden. Der Polstab ist in eine Position senkrecht zum Zifferblatt zu bringen, wodurch er polar ausgerichtet ist und somit parallel zur Erdachse steht. Zusätzlich muss diese Sonnenuhr mit Lot und Kompass waagrecht in Nord-Süd-Richtung aufgestellt werden. Alle Teile einer Äquatorialsonnenuhr sind in der Regel zur Grundplatte hin klappbar, was diese Sonnenuhr somit als Reiseinstrument prädestinierte. Die [zweite] Stundeneinteilung mittels gerader Einritzungen ohne Ziffern auf der Innenfläche des Ringes war deshalb erforderlich, da die Sonnenstrahlen im Winterhalbjahr, also zwischen Herbst- und Frühlingsäquinoktium, unterhalb des Ringes eintreffen, was ein Ablesen der Zeit bei Fehlen einer zusätzlichen Stundenskala entweder an der Innen- oder Unterseite des Zifferblattes verhindern würde.“[2]

Eine Ansprache auch des Hilgartsberger Funds als Bestandteil einer Äuquatorialsonennuhr ist jedoch durch das Fehlen einer drehbaren Vorrichtung zum namengebenden äquatorparallelen Ausrichten des Ziffernblatts (meist in Form eines zusätzlichen dünneren Stundenrings) auszuschließen, zu welcher dann der Polstab in senkrechte Position zu bringen gewesen wäre.[3]

Vielmehr scheint das Ziffernblatt der Hilgartsberger Uhr für die Horizontale ausgelegt zu sein, wofür auch die Anordnung der Ziffern spricht, die derer anderer Horizontalsonnenuhren gleicht. In Machart und Fundort nahestehend sind hier die auf der Burgruine Wildenstein oberhalb Bad Ischl am Zusammenfluss von Ischl und Donauzufluss Traun gefundene Taschensonnenuhr von 1570[4]

Bildquelle: Kaltenberger, 2003, S. 166 / S. 167, Abb. 1/ 2 (Vgl. Anm.4)

sowie das die jüngst am Domplatz von St. Pölten ergrabene, auf 1598 datierte Exemplar.[5]

Bildquelle: Vgl. Anm. 5

Diese Vergleichsobjekte zeigen alle das für Horizontalsonnenuhren typische ‚Gesicht‘ mit der für unsere Breitengrade gängigen Ausweisung von 16 Stunden Tageshöchstdauer.[6]

Frappant ist jedoch die Ähnlichkeit in der Beschriftung der Hilgartsberger und der Grafendorfer Uhren. Die Tatsache, dass „sich der Gebrauch arabischer Ziffern in Ostösterreich im epigraphischen Anwendungsbereich mit relevanter Belegdichte kaum vor der Mitte des 15. Jh. nachweisen“ lässt, liefert einen ersten Hinweis für die Datierung der Garfendorfer Uhr in die 2. Hälfte des 15 Jhds. Dabei ist besonders die Schlingenform von 4 und Lambdaform von 7, zu beachten, diese hält sich „– als konservative Variante – bis etwa in die Mitte des 16. Jhs., teilweise sogar noch länger. Kurzlebiger ist dagegen die linksgewendete Form von 5, die gerne mit 7 verwechselt wird. Sie verliert sich eigentlich schon im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jhs. ziemlich allgemein. Für hiesige Breiten ungewöhnlich ist die auf der Sonnenuhr verwendete Form von 8, bei welcher der untere Bogen leicht offen erscheint. Auffallend ist auch der korrekte Gebrauch der Ziffer 0 (bei 10), die sonst – etwa in Jahresangaben – bis ins erste Viertel des 16. Jh. hinein Probleme bereitete. Diese Fakten sprechen für eine Datierung nicht lange nach der Mitte des 15. Jh. – vorausgesetzt, das Objekt wurde in Mitteleuropa beschriftet. Freilich wäre eine Sonnenuhrskala als im weitesten Sinne astronomisches Gerät auch ein Sonderanwendungsbereich, bei dem arabische Ziffern schon früher, also in der ersten Hälfte des 15. Jhs. auftreten könnten. Summa summarum scheint daher aus epigraphischer Sicht eine Datierung in die Mitte des 15. Jhs. gerechtfertigt. Exakt zu dieser chronologischen Einordnung passt die älteste von Georg von Peuerbach (1423-1461) konstruierte, für Kaiser Friedrich III. bestimmte und heute im Innsbrucker Zeughaus befindliche Klappsonnenuhr aus dem Jahr 1451, deren Ziffernformen speziell bei 4, 5, 7 und 10 denen des Grafendorfer Exemplars identisch sind.“[7] Aufgrund der großen Ähnlichkeit der Beschriftung ist diese Datierung auch für das Hilgartsbeger Objekt anzunehmen.

Klappsonneuhr konstruiert von Georg von Peuerbach für Friedrich III. 1451, aufbewahrt im Museum Ferdinandeum Innsbruck. Hier aufgeklappt, im runden Feld auf dem Steg das Motto Friedrichs III.: AEI OU.  Bildquelle

 

 

 

Detail: Inschrift / Datierung 1451. Bildquelle

NB: Passenderweise existiert am (Überrest der) Grazer Burg eine Inschrift Friedrichs III. in übereinstimmender Schreibweise:

Photo: Andreas Praefcke CC BY 3.0

Das Novum: Der inkludierte Kompass

Entscheidendes Element für die Akkuratesse und verlässliche, ortsunabhängige Genauigkeit von Taschensonnenuhren des oben beschriebenen, auf Peuerbach zurückgehenden Typs ist die Inklusion eines Kompasses. Ein Kompass ermöglicht zu jeder Zeit und an jedem Ort die Ausrichtung der Uhr nach Norden. Dieser Bestandteil unterscheidet sie von den Vorgängerversionen ebenfalls trag- bzw. reisetauglichen Sonnenuhren, etwa in Ring- oder Säulenform.[8] Sowohl für Äquatorialsonnenuhren wie der Grafendorf als auch die Horizontalsonnenuhren wie der Hilgartsberger war ein Kompass zur Ausrichtung nötig. Es ist also davon auszugehen, dass auch die Hilgartsberger Uhr ursprünglich einen Kompass enthielt. Der Kompass dürfte vermutlich in dem kreisförmigen Loch, das sich direkt an den ‚zifferfreien‘ Bereich der Skala anschließt, gesteckt haben, in einer Linie mit dem Gnomon und der genau gegenüberliegenden Ziffer 12, entsprechend der typischen Anordnung bei Horizontalsonnenuhren. Auch die beiden Horizontaluhren aus Bad Ischl und St. Pölten weisen an der passenden Stelle eine Vertiefung auf, die auf einen ehemals dort eingelassenen Kompass schließen lässt. (vgl. Abb. oben)

Auch ergibt sich daraus sozusagen ein Terminus post quem: Die naheliegende Frage ist, ab wann war der Kompass in Mitteleuropa bzw. im Umfeld Peuerbachs bekannt? In China verfügte man bereits spätestens seit dem 11. Jh. über das Wissen, dass auf Wasser liegende Splitter von Magneteisenstein bzw. Magnetit sich nach Norden ausrichten. (Handels-)Kontakte zwischen China und der islamischen Welt sowie die Kreuzzüge erbrachten Wissenstransfer von Ost nach West, mit der ersten bekannten schriftlichen Erwähnung am Ende des 12. Jh. Die Weiterentwicklung vom sog. nassen zum trockenen Kompass mit auf einem Stift fixierter Magnetnadel wiederum gilt als europäische Erfindung.[9] Für 1431 ist die erste schriftliche Erwähnung eine Sonnenuhr mit inkludiertem Kompass belegt.[10] Wann und von wem diese für die Geschichte der Zeitmessung entscheidende Kombination erstmals umgesetzt wurde ist nicht eindeutig festzulegen. Wenn auch nicht direkt Peuerbach zuschreibbar, so hatte er doch maßgeblichen Anteil an der Verbreitung dieses Novums, befeuert von dessen Umfeld und Bildungshintergrund inklusive Bezügen zu den zeitgenössischen Größen und Impulsgebern des Humanismus: Peuerbach war nicht nur Hofastronom von König Ladislaus von Böhmen und Kaiser Friedrich III. sondern lehrte auch an der Universität Wien und verfasste diverse astronomische wie auch humanistische Schriften. Direkt zugesprochen wird Peuerbach jedoch die Entdeckung der der sog. Missweisung oder Deklination, was die Abweichung der von der magnetischen Kompassnadel angezeigten von der geographischen Nordrichtung bezeichnet, in erster Linie hervorgerufen durch Schwankungen des Erdmagnetfelds: Die Markierung dieser Abweichung findet sich erstmals auf den Peuerbachschen Klappsonnenuhren, mit dem genannten frühesten erhaltenen Exemplar von 1451. Zudem geht die Erfindung des Schattenfadens auf Peuerbach zurück, wie er ebenfalls in der Taschensonnenuhr von 1451 zum Einsatz kam.[11]

 

[1] Vgl. dazu den Eintrag auf der Online-Datenbank des Kunstmuseums Basel, u. Schmid, H. A.: Der junge Mann mit der Taschensonnenuhr, in: Das Werk. Architektur und Kunst, Zeitschrift des Bundes Schweizer Architekten, Heft 8, 1939, S. XVI–XVIII.

[2] Salzer, Ronald Kurt: Die spätmittelalterliche Burg Grafendorf, Stadtgemeinde Stockerau. Eine archäologisch-historische Analyse, Diplomarbeit Universität Wien, Wien 2012, hier S. 218 ff. Online unter (PDF): http://othes.univie.ac.at/26035/1/2013-02-07_0302450.pdf

[3] Die Verfasserin dankt Ronald Salzer an dieser Stelle herzlich für die Einschätzung der Hilgartsberger Uhr und die umfassende, fachkundige Auskunft zum Thema und sieht dem weitern Austausch mit Vorfreude entgegen.

[4] Kaltenberger, Alice: Eine mit 1570 datierte Taschensonnenuhr von der Ruine Wildenstein bei Bad Ischl, in: Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereins Gesellschaft für Landeskunde, Bd. 148, Linz 2003, 165­–187.

[5] Grabung / Ausstellung 2014, frdl. Hinweis von Ronald Salzer. Vgl. http://www.stadtmuseum-stpoelten.at/NEWS_FROM_THE_PAST_Niederoesterreich_Archaeologie_Aktuell/Bilder

[6] Rohr, René: Die Sonnenuhr, Geschichte, Theorie, Funktion, München 1982, S. 60.

[7] Salzer, 2012, S. 225.

[8] Fabian, Ilse: Tragbare Sonnenuhren in Europa ab 1400, in : Plus Lucis. Zeitschrift des Vereins zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts e. V., Nr. 1–2 2007, S. 40–47; Online (PDF) unter: https://www.univie.ac.at/pluslucis/PlusLucis/071/s4047.pdf

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Kompass#Geschichte_des_Magnetkompasses

[10] Salzer, 2012, S. 225,Anm. 1248: In der 1431 datierten Handschrift, die – obwohl teilweise umstritten – traditionell dem Erfurter Astronomen Nikolaus von Heybach (Heybech/Heybeck) zugeschrieben wird, findet bereits eine Reisesonnenuhr mit Kompass, äquatorialem Ziffernblatt und Polstab Erwähnung. Vgl. STB Klosterneuburg, MS 683, fol. 96r ; Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.–18. Jhds., München 1956, S. 55–58, 613; Hausmann, Tjark: Aus der Geschichte der Sonnenuhr, in: Syndram, Dirk (Bearb.): Wissenschaftliche Instrumente und Sonnenuhren (= Kataloge der Kunstgewerbesammlung der Stadt Bielefeld/Stiftung Huelsmann 1), München 1989, S. 20–35, hier S. 22.

[11] Salzer, 2012, S. 231.

 

Photogrammetrie: Gipsplastik des Hl. Stephanus Teil I.

A. Objektbeschreibung und Kontextualisierung

Gipsplastik des Hl. Stephanus, Oberhausmuseum.

Das Objekt ist ein Gipsabguss (von 1996) einer gotischen Steinskulptur des Hl. Stephanus (um 1450), die sich in einer Wandnische über dem Südportal der Pfarrkirche in Aholming (Ldkr. Deggendorf) befindet.[1] Ursprünglich fungierte die originale Skulptur möglicherweise als „Schreinfigur eines steinernen Altaraufbaus”[2].

Originale Skulptur in Aholming. Bildquelle: Georg Loibl, Die Pfarrei Aholming mit ihren Kirche und Kapellen, Aholming 1994, Umschlag.

Die etwa 60cm hohe, 40 cm breite und 20 cm tiefe Gipskopie kann im Oberhausmuseum (Inv. Nr. 14624) in Passau besichtigt werden.

Die Skulptur zeigt den Hl. Stephanus auf einem Thron sitzend. Er ist an seinen Attributen, den drei Steinen und der Dalmatika (das liturgische Gewand eines Diakons) zu erkennen.  Zusätzlich hält er in seiner linken Hand eine Palme, die ihn als Märtyrer auszeichnet. Sein Kopf wird von einem Nimbus bzw. Heiligenschein umfangen, dem typischen Erkennungsmerkmal eines Heiligen in der bildenden Kunst. Die engelsgleiche Lockenpracht die sein Haupt ziert ist einerseits ein Merkmal des Zeitstils (siehe weiter unten), andererseits könnten sie sich auch auf die Überlieferungen der Legenda Aurea von Jacobus de Voragine (siehe weiter unten) beziehen. Dort heißt es, dass Stephanus das Angesicht eines Engels hatte, vor dem seine Feinde erschrocken zurück wichen.[3]

Die Skulptur gilt aufgrund des lockigen Haars und der fließenden Gewandung als ein Spätwerk des „Weichen Stils” und wird demnach in Mitte des 15. Jahrhunderts datiert.[4] Der „Weiche Stil” bzw. der „internationale Stil” ist eine Bezeichnung für eine gotische Kunstrichtung die europaweit um 1400 aufzufinden ist.[5] Ein  Hauptmerkmal dieses Zeitstils sind die fließenden Gewänder, die den menschlichen Körper durch aufwändige Gewanddrapierungen (wie bspw. Kaskaden-, Schüssel-, oder Haarnadelfalten) verbergen.[6] Dieses Phänomen wird an den sog. „Schönen Madonnen”, die sich außerdem durch einen starken Hüftschwung (S-förmige Körperlinie) und einen einheitlichen Gesichtsausdruck auszeichnen, besonders deutlich.[7]

Für einen Vergleich mit der Statue des Hl. Stephanus bietet sich hingegen eher eine sitzende Skulptur, wie beispielsweise die Pietà aus Lutin (um 1390) an.

Vesperbild aus Lutin, um 1390.
Bildquelle: Kat. Ausst. Prag um 1400. Der Schöne Stil. Böhmische Malerei und Plastik in der Gotik, Historisches Museum der Stadt Wien, 1990, Kat. Nr. 26.

Hierbei wird ersichtlich, dass der Faltenwurf (ab den Knien abwärts) der Pietà mit denen der Skulptur des Hl. Stephanus zu vergleichen ist.

 

Die Legende des Hl. Stephanus:

Nach der Auferstehung Christi wuchs die christliche Gemeinde weiterhin an woraufhin die Apostel sieben Diakone auswählten, die sowohl den Glauben verkünden als auch sich um die sozialen Bedürfnisse der Gemeinde kümmern sollten.

Unter den sieben Diakonen war Stephanus der Erste, der auserwählt wurde.[8] Da Stephanus erfüllt von der Gnade und Kraft Gottes „Wunder und große Zeichen unter dem Volk [tat]”[9] wurde er  den Juden zum Ärgernis.

Sie verhafteten ihn und führten ihn zu einem Verhör vor dem Hohen Rat.[10] Seine Reden empörten die Juden jedoch so sehr, sodass sie ihn vor die Tore der Stadt zerrten, um ihn dort zu steinigen, wie es das jüdische Gesetz für Gotteslästerer vorsah.[11] Vor den Stadtmauern,  sich seines baldigen Todes bewusst, rief  Stephanus laut: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen”[12]. Daraufhin stürzten seine Feinde auf ihn los und bewarfen ihn mit Steinen. Daraufhin verstarb Stephanus als erster Märtyrer des Christentums mit den Worten „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! […] Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!”[13].

Raffael, Die Steinigung des Hl. Stephanus

 

Die Legenda Aurea berichtet, dass es nach dem Tod des ersten Diakons auf seine Fürsprache hin zu zahlreichen Heilungen gekommen ist, woraufhin er als Heiliger verehrt wurde.[14]

Um 585 wurden die Gebeine des Hl. Stephanus durch Papst Pelagius II. von Konstantinopel nach Rom gebracht und in San Lorenzo fuori le Mura, neben den Leichnam des Hl. Laurentius begraben.[15] Beide Heiligen sind die Stadtpatrone Roms und gehörten zu den am meisten verehrten Märtyrern im Mittelalter.[16]

 

Der Hl. Stephanus und seine Bedeutung für das Bistum Passau

Der Hl. Stephanus hat eine besondere Bedeutung für das Bistum Passau, da er der Patron des Passauer Doms „St. Stephan” ist.[17] Demnach ist die Szene seiner Steinigung auch auf dem großen Deckengemälde im Chor des Passauer Doms zu sehen:

Carpoforo Tencalla, Steinigung des Hl. Stephanus, Deckengemälde im Chor des Passauer Doms. Bildquelle: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/tuberlin-3a21f9e73e0fe26f16beb03c8c486c17c4989c65 (01.08.2018).

 

Detail des Deckengemäldes. Der Hl. Stephanus in Dalmatik mit einer blutende Kopfwunde und umgeben.

 

Das Patrozinium des Hl. Stephanus in Passau lässt sich womöglich auf die Missionsbewegung am Beginn des 7. Jahrhunderts zurückführen.[18] Hierbei wurde der Stephanuskult von Westen nach Osten verbreitet, wie es an den Stephanuskirchen in Konstanz, Weihenstephan (Freising), Regensburg und Passau abzulesen ist.[19]

Verbreitung des Stephanuskultes. Bildquelle: Wildner, Wolfgang: St, Stephanus in Kunst und Verehrung. Ausst. Kat. Passau (Diözese Passau, St. Anna-Kapelle, 12. 05-08.06.1980), Passau 1980, S. 11.

 

Detail: Verbreitung des Stephanuskultes. Bildquelle: Wildner, Wolfgang: St, Stephanus in Kunst und Verehrung. Ausst. Kat. Passau (Diözese Passau, St. Anna-Kapelle, 12. 05-08.06.1980), Passau 1980, S. 11.

 

Die frühsten, erhaltenen Nachweise für das Stephanuspatrozinium in Passau sind Schenkungsurkunden aus der Regierungszeit des Herzogs Hubert (727-737), die eine Kirche mit dem Patrozinium des Hl. Stephanus nennen.[20] Im Jahr 739 wurde diese Kirche zur Diözesankathedrale des Bistums Passau erhoben.[21]

Die weite Verbreitung des Stephanuskultes lässt sich auch an den etwa 100 Stephanuskirchen ablesen, die sich in dem Gebiet des ursprünglichen Bistums Passau (vor der Gebietsabtretung an die Habsburger) befinden.[22]

Stephanuspatrozinien im ehemaligen Bistum Passau.
Bildquelle: Wildner, Wolfgang: St, Stephanus in Kunst und Verehrung. Ausst. Kat. Passau (Diözese Passau, St. Anna-Kapelle, 12. 05-08.06.1980), Passau 1980, S. 28-29.

Der Passauer Dom gilt somit als „Ausgangspunkt eines Stephanuskultes, der jahrhundertelang bestimmend im Donauosten”[23] gewesen war und auf den auch das Patrozinium des Wiener Stephansdom zurückzuführen ist.[24]

Im Bezug auf die hier behandelte Skulptur des Hl. Stephanus ist allerdings von größerer Bedeutung, dass auch Aholming – der Ort, an dem sich die originale Skulptur des Hl. Stephanus befindet – unter dem direkten Einfluss des Passauer Doms stand. Walchoun de Auhaluinga (auch: Auhalmingen), auf den die Bezeichnung der Gemeinde als „Aholmig” zurück geht, war nämlich Passauer Ministeriale und sollte mit seinem Sitz in Aholming für die Sicherheit des Hochstifts Passaus im Nordwesten gegenüber dem Bistum Regensburg sorgen.[25]

Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass die Steinfigur des Hl. Stephanus, den Gläubigen an die Zugehörigkeit zum Bistum Passau erinnern sollte.

 

[1] Objektkatalog Oberhausmusem Passau, Inv. Nr. 14624.

[2] Objektkatalog Oberhausmusem Passau, Inv. Nr. 14624.

[3] De Voragine, Jacobus, Die Legenda Aurea. Das Leben der Heiligen erzählt von Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Nachwort von Walter Berschin, Gütersloh 2014 (14. Auflage), S. 46. Siehe auch: Keller, Hiltgart L.: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Legende und Darstellung in der bildenden Kunst, Stuttgart 1968, 3. Auflage, S. 469-470.

[4] Wildner, Wolfgang: St, Stephanus in Kunst und Verehrung. Ausst. Kat. Passau (Diözese Passau, St. Anna-Kapelle, 12. 05-08.06.1980), Passau 1980, S. 63, Kat. Nr. 74.

[5] Beck, Herbert, Bredekamp, Horst, Die internationale Kunst um 1400, in: Kat. Ausst. Kunst um 1400 am Mittelrhein. Ein Teil der Wirklichkeit. Ausstellung im Liebighaus Museum alter Plastik (Frankfurt am Main, 10.12.1975-14.03.1976), Frankfurt am Main 1975, S. 1-19, hier S. 1.

[6] Beck, Bredekamp 1975, S. 1, 5, 111. Näheres bezüglich verschiedener Faltenformen in der mittelalterlichen Kunst siehe: Kämpfer, Fritz: Das Faltenprofil der mittelalterlichen Plastik, Jena 1950.

[7] Beck, Bredekamp 1975, S. 4, 5.

[8] vgl. Apg 6, 1-7.

[9] Apg 6, 8.

[10] Apg 7, 1-53.

[11] De Voragine 2014, S. 48.

[12] Apg. 7, 56.

[13] Apg. 7, 59-60.

[14] De Voragine 2014, S. 49-50. Die Legenda Aurea enthält die Lebensgeschichten und Legenden zahlreicher Heiligen und war das am weitesten verbreiteteste Buch des Mittelalters: „kein anderes Buch des Mittelalters ist so oft abgeschrieben, so viel übersetzt, ausgeschrieben, weiter- und umgedichtet worden. Sie war das wahre Volksbuch jener Zeit, weit mehr als die Bibel” (Richard Benz, Einleitung, in: Jacobus de Voragine, Die Legenda Aurea. Das Leben der Heiligen erzählt von Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Nachwort von Walter Berschin, Gütersloh 2014, S. IX-XXVIII, hier S. XXII).

[15] Ökumenisches Heiligenlexikon, https://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Stephanus.htm (26.07.2018).

[16] Ökumenisches Heiligenlexikon https://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Stephanus.htm (26.07.2018).

[17] Die Nebenpatrone des Passauer Domes sind der Hl. Valentin und der Hl. Maximilian, die zudem auch Diözesanpatrone des Bistums Passau sind (Wildner 1980, S. 20).

[18] Wildner 1980, S. 12, 14.

[19] Wildner 1980, S. 12.

[20] Wildner 1980, S. 16.

[21] Wildner 1980, S. 16.

[22] Wildner 1980, S. 12. Im heutigen Bistum Passau sind noch 27 Kirchen aufzufinden, die ein Patrozinium des Hl. Stephanus tragen (Wildner 1980, S. 22).

[23] Wildner 1980, S. 12.

[24] Wildner 1980, S. 12

[25] Wildner 1980, S. 25, 26 und https://de.wikipedia.org/wiki/Aholming#Geschichte (30.07.2018).

[26] Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bayern II: Niederbayern, München, Berlin 1988, S. 10.

 

B.             Digitalisierungsprozess

Die Aufnahmen wurden am 29.07.2018 in einem Ausstellungsraum des Oberhausmuseums in Passau von zwei Kursteilnehmerinnen mit Unterstützung der Kursleiterin Magdalena März gefertigt.

C.            Equipment

Folgende Gegenstände wurden für die Digitalisierung des Objekts verwendet:

  • Kamera 100 EOS D
  • Zoomobjektiv 18-55cm, hier: 55cm
  • Aufnahmen mit Stativ ohne zusätzliche Beleuchtung (nur indirekte, gelbliche Raumbeleuchtung)
  • Laptop für die Kamerabedienung per Fernauslöser
  • Verbindungskabel (Laptop-Kamera)

D.            Aufnahmen

Die Aufnahmen wurden mit folgenden Kameraeinstellungen gefertigt:

  • Modus: Fernauslöser, Autofokus
  • Blende: 11
  • Belichtungszeit: 3,2 sek.
  • Iso 100
  • Brennweite: 55cm
  • Weißabgleich: automatisch
  • gespeichert als jpeg-Datei
Aufnahmesituation im Oberhausmusem.

Das Objekt befindet sich auf einem festpositionierten Podest, nahe an der Wand des Ausstellungsraums, sodass keine Fotografien von Rückseite des Objekts gemacht werden konnten.

Um das Objekt von den Seiten und von vorne zu fotografieren, wurde das Stativ mit der Kamera halbkreisförmig um das Objekt herum bewegt. Hierbei wurden Aufnahmen gemacht bei der die Kamera an jedem Standpunkt sowohl frontal auf das Objekt gerichtet war, als auch diagonal auf die angrenzenden seitlichen Objektbereiche. Da die Fotos per Fernauslöser mit dem Laptop gemacht wurden, konnten bei einigen Kamerapositionen zusätzlich 2-3 Aufnahmen mit verschiedenen Fokussierungen (z. B. auf zurückliegende oder vorspringende Objektebenen) gemacht werden. Nachdem alle Positionen auf dem Halbkreisbogen abgefertigt waren, wurde die Kamera bzw. das Stativ in der Höhe verstellt, sodass die nächste Objektebene aufgenommen werden konnte. Hierbei musste man jedoch darauf achten, dass sich die Aufnahmen zu einem gewissen Teil überschneiden, damit die Software die Fotos später zusammen fügen kann.

Schlussendlich ergaben sich bei 18 Objektebenen plus diverse Extraaufnahmen (v. a. aus Frosch- und Vogelperspektive, bei Durchbrüchen oder Hohlräumen) 440 Aufnahmen des Objekts.

E.            Modellerstellung

Das Modell wurde mit der Photogrammetriesoftware „Agisoft PhotoScan” gefertigt.

Für die einzelnen Arbeitsschritte siehe den Blogeintrag „Photogrammetrie: Gipsplastik des Hl. Stephanus Teil II.”

Objekt während der Bearbeitung in der Photogrammetrie Software.

 

Vorderseite des Objekts in der Photogrammetrie Software.

 

Seitenansicht des Objekts in der Photogrammetrie Software.

 

Rückenansicht des Objekts in der Photogrammetrie Software. Aufgrund dessen, dass man die Rückseite der Statue nicht fotografieren konnte, ist hier eine Loch im Modell entstanden.

 

F.      Fazit

Das fertige Modell ermöglicht eine 3D-Ansicht der Statue, obwohl sich der Betrachter nicht an dem Aufbewahrungsort selbst befindet. Leider war es in diesem Fall nicht möglich, dass Objekt von allen Seiten zu fotografieren, sodass die Rückenansicht fehlt. Diese wäre besonders interessant zu beobachten, da es sich bei der Skulptur um eine Nischenfigur handelt und der Betrachter – im Unterscheid zu einer Fotografie des Objekts – durch das Modell neue Erkenntnisse über das tatsächliche Volumen und die Rückenansicht der Skulptur bekommen würde.  Wie die Seitenansicht des Modells zeigt, ist dies hier nur zum Teil möglich. Dennoch ist deutlich zu erkennen, dass der Künstler die Rückseite nicht weiter bearbeitet hat. Durch das 3D-Modell erschließen sich außerdem neue, ungewöhnliche Ansichten, wie bspw. aus der Frosch- oder Vogelperspektive.

G.     Literaturverzeichnis

Beck, Herbert, Bredekamp, Horst, Die internationale Kunst um 1400, in: Kat. Ausst. Kunst um 1400 am Mittelrhein. Ein Teil der Wirklichkeit. Ausstellung im Liebighaus Museum alter Plastik (Frankfurt am Main, 10.12.1975-14.03.1976), Frankfurt am Main 1975, S. 1-19.

Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bayern II: Niederbayern, München, Berlin 1988.

De Voragine, Jacobus, Die Legenda Aurea. Das Leben der Heiligen erzählt von Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Nachwort von Walter Berschin, Gütersloh 2014 (14. Auflage).

Georg Loibl, Die Pfarrei Aholming mit ihren Kirche und Kapellen, Aholming 1994.

Keller, Hiltgart L.: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Legende und Darstellung in der bildenden Kunst, Stuttgart 1968, 3. Auflage, S. 469-470.

Objektkatalog Oberhausmusem Passau, Inv. Nr. 14624.

Wildner, Wolfgang: St, Stephanus in Kunst und Verehrung. Ausst. Kat. Passau (Diözese Passau, St. Anna-Kapelle, 12. 05-08.06.1980), Passau 1980.

RTI-Aufnahme und Dokumentation Pferdegeschirranhänger Nr.74 + Vergleich

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Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Vergleich der beiden Pferdegeschirranhänger, die durch die Viewer zu erkennen sind. Dieser Vergleich ist dem Fakt geschuldet, dass die beiden Objekte am selben Standort gefunden wurden.

Zunächst erfolgt eine technische Dokumentation der RTI-Aufnahme des Pferdegeschirranhängers Nr. 74, dann ziehen wir einen Vergleich aus den beiden Objekten, bevor der Beitrag dann mit allgemeinen Informationen zum Thema Pferdegeschirranhänger endet.

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A) Objekt / Gegenstand: Pferdegeschirranhänger Nr.74

Kurzbeschreibung:
Der Beitrag zeigt RTI-Aufnahmen eines Pferdegeschirranhängers aus Hofkirchen. Der Anhänger hat eine matte Oberfläche, ist rund und wird von einer Figur durchbrochen, die höchstwahrscheinlich einen Greif darstellt und sich selbst eindreht.

Historischer Kontext, Literaturangaben:
Stefan Krabath, Die hoch – und spätmittelalterlichen Buntmetallfunde nördlich der Alpen, Leidorf 2001.

Walcher Claudia, Berichte zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Wien 2000.

B) Aufnahme / Bildgewinnung
Ort, Zeit, Personal: DH- Labor Passau, 25.07.2018, Sandra Holler, Julia Vollbrecht

Kamera: Canon EOS 100D

Objektiv: 55mm Zoomobjektiv

Aufnahmesituation: räumliches Umfeld, Lichtverhältnisse
abgedunkeltes Labor, Reprostativ mit Drehteller, inklusive LED-Lampe als Leuchtmittel
2 RTI-Referenz-Kugeln, 5mm

Kameraeinstellungen:
Kameramodus: automatisch
Datenformat: JPEG
Auflösung: 72 dpi / 5184 x 3456 Pixel

Belichtung: ISO 100
Brennweite: 55mm
Blendenzahl: F11
Verschlusszeit: 3,2s

Messmethode zur Belichtungsmessung und Weißabgleich: automatisch
Fokussierung: Autofokus
Fernauslöser: Ja + Steuerung via PC / Software, hier Canon Utility
Vorgehen bei der Bildgewinnung: 5 Winkel mit jeweils 12 Speichen am Drehteller

C) Modellerstellung
Verwendete Software, Version: RTI Builder
Anzahl der Aufnahmen für das zu erstellende Modell: 120 pro Seite


 

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Beschreibung und Vergleich:

Die RTI – Aufnahme dieses ringförmigen Pferdegeschirranhängers aus Hilgartsberg zeigt ebenfalls einen Greif, der sich selbst eindreht und seinen eigenen Schwanz im Mund hat. Ein Greif ist ein Mischwesen, das in den meisten Fällen mit einem löwenartigen Körper, dem Kopf eines Raubvogels, Schnabel, spitzen Ohren und Flügeln dargestellt wird. Die bildliche Darstellung von Greifen war vor allem im Donauraum und Österreich verbreitet und diente dem Schutz des Trägers, da durch sie das Böse gebannt wurde.

Die beiden Pferdegeschirranhänger unterscheiden sich in ihrer Grundform. Während der obere eher rund ist und durch die figürliche Darstellung des Mischwesens unterbrochen wird (siehe Nr.1) , ist der untere eher ringförmig (siehe Nr.7).

Krabath, S.235

 

Beim oberen Anhänger ist auch noch das zweilappige Scharnier vorhanden, das für die Befestigung an einem Riemen  notwendig war; beim unteren kann man nur noch die Öse erkennen.

Aufgrund der Form kann man davon ausgehen, dass sie zeitlich zwischen dem 12. und dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts einzuordnen sind.

Trotzdessen ist die Tatsache interessant, dass die beiden Anhänger im gleichen Gebiet geborgen wurden. Man kann leider keine genauen Aussagen treffen, ob diese am gleichen Pferd befestigt waren, aber das gleiche Motiv, wenn auch in anderer Darstellung, zeigt wohl, wie wichtig es den Trägern war, sich vor dem Bösen zu schützen.

Pferdegeschirranhänger:

Definition: „Pferdegeschirranhänger sind Schmuckscheiben/Zierscheiben, die mittels einer Aufhängevorrichtung frei beweglich an unterschiedlichen Stellen des Zaumzeugs eines Pferdes befestigt waren; mitunter werden sie mit den Zaumbeschlägen hochmittelalterlicher Kandaren in Verbindung gebracht bzw. von ihnen unterschieden.“ (Walcher, 2000) Zum Teil können auch Hunde als Träger in Betracht gezogen werden. Bei kleinformatigen Anhängern ist es auch möglich, dass sie statt am Zaumzeug an der Tracht befestigt wurden.

Zeitliche Einordnung: Vermutlich gab es Pferdegeschirranhängern seit der Domestizierung des Pferdes, verschiedene Quellen bezeugen ihr Vorkommen vom 10. bis zum 15. Jahrhundert. Der Höhepunkt dürfte im 12. Jahrhundert gewesen sein.

Räumliche Eingrenzung: Funde deuten darauf hin, dass Pferdegeschirranhänger vor allem im Gebiet von Frankreich bis nach Mitteleuropa verbreitet waren.

Funktion: Diese Art von Anhängern diente vor allem dem Zweck, die Pferde zu schmücken, und damit seinen gehobenen sozialen Stand zu zeigen. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Anhänger vor allem in Zentren geistlicher und weltlicher Macht gefunden wurden. Dadurch, dass Metall als Rohstoff mit hohen personalen und technischem Aufwand verbunden war, waren die Anhänger sehr teuer und rar.

Aussehen: Grundsätzlich hängt der Anhänger frei an einer Scharnierachse, die in der Regel im rechten Winkel zur Schauseite orientiert wurde; bei einigen getriebenen Stücken wurde ein Fortsatz des Anhängers auch zur Öse nach hinten umgelegt. In der Regel greift die senkrecht zur Schauseite stehende Öse der Anhänger in ein zweilappiges Scharnier mit unterschiedlich gestaltetem Beschlag zur Befestigung an einem Riemen Oftmals wurden Vögel, Löwen, Panther und Mischwesen als Motive verwendet; Vorbild waren wahrscheinlich Figuren auf romanischen Kapitellen.

Herstellungsweise: Die auf unterschiedlichster Weise gestalteten Pferdegeschirranhänger bestehen in fast allen Fällen aus Edel- oder Buntmetall. Teilweise wurden ihre Oberflächen vergoldet. Sie wurden gegossen oder ausgeschnitten, durch einen Stichel und/oder eine Punze konnte man die Details bearbeiten.

 

RTI: Zierbeschlag eines Gürtels

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A. Objektbeschreibung und Kontextualisierung

Zierbeschalg
Das Objekt: Ein Zierbeschlag aus der Burgruine Hilgartsberg.

Das Objekt (Fundatalog-Nr. 47f) mit den Maßen 5 x 0,8 cm besteht aus Buntmetall. Die Oberfläche glänzt metallisch, weißt jedoch auch Alterungserscheinungen wie matte Verfärbungen auf. Es wurde während den Ausgrabungen der Kreisarchäologie Passau von 2005-2008 auf der Burgruine Hilgartsberg gefunden.

Es handelt sich hierbei um einen langen, rechteckigen Beschlag eines mittelalterlichen Gürtels. Diese Form zählt zu den häufigsten Beschlagsformen[1] und wurde meist für Verzierungen genutzt, z. B. in Form von Wappendarstellungen, Gravierungen, Durchbruchmotive und Reliefdarstellungen (häufig florale und figürliche Motive wie Menschen, Pflanzen, Tiere und Fabelwesen oder ornamentale Muster).[2]

Die verzierte Schauseite des Objekts wird durch eine mittige Buckelreihe in zwei Bereiche getrennt. Auf der linken, längeren Seite sind zwei lange waagrechte und rechteckige Vertiefungen zu erkennen. Zwischen ihnen und der Buckelreihe sind zwei kreisrunde Vertiefungen zu sehen, wobei eine mit einem Durchbruch beschädigt ist. In diesen zwei Mulden waren ursprünglich vielleicht Perlen oder Schmucksteine als Zierde befestigt. Das Ende der linken Seite ist beschädigt, jedoch lassen sich noch zwei herausragende Stifte erkennen, welche möglicherweise die Beschlagslaschen waren, an denen die Gürtelschnalle befestigt war (vgl. Skizzen).

Skizze des Objekts mit ergänzter Gürtelschnalle.

 

Gürtelschnalle von ca. 1230, Abbildung aus: Ditmar-Trauth 2000, S. 47.

 

Gürtelschnalle von ca. 1240-1250, Abbildung aus: Ditmar-Trauth 2000, S. 48.

 

Vor dem linken Rand des Objekts ist noch ein Nietenloch zuerkennen, dass auf selber Höhe auch auf der gegenüberliegenden, rechten Seite zu beobachten ist. Auf der rechten Seite ist eine reliefartige, ornamentale Verzierung zu erkennen (zwei Bögen, die jeweils in hackenförmigen Verdickungen enden), die jedoch nicht näher bestimmt werden konnte (möglicherweise handelt es sich um ein Blattmotiv o. ä.). Im Zuge der Recherche wurden leider auch keine anderen, vergleichbaren Verzierungen auf Beschlägen gefunden. Die Fläche des Reliefs wird durch eine rechteckige, rahmenartige Linienzier begrenzt.

An der unteren Seite des Objekts ist der aufgebogene Rand des Beschlags zu sehen. Ursprünglich war dieser nach hinten gebogen, um die Riemenkanten zu umfassen.[3] Am rechten Rand des Objekts sind noch sechs kleine Einkerbungen zu beobachten.

Da keine Informationen über das Material des Objekts vorhanden sind, lässt sich nur durch die ornamentale Verzierung schließen, dass der Gürtel wohl eher von einer wohlhabenderen Person getragen wurde, da es laut mittelalterlichen Kleiderordnungen ärmeren Klassen verboten war, schmuckvolle Gürtel zu tragen, die ihrem niederen Stand nicht entsprochen hätten.[4] Jedoch gab es häufig auch Verstöße gegen die Kleiderordnungen durch gesellschaftliche Aufsteiger, die ihren Wohlstand ebenso präsentieren wollten, wie die oberen Schichten.[5]

Aufgrund der schmalen Gestalt des Beschlags kann der Gürtel in den Zeitraum um 1200 [6] bis etwa 1450 datiert werden, da ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts besonders breite Gürtel in die Mode kamen[7] oder aber die schmalen Gürtel eher mit renaissanceartigen Elementen verziert waren.[8] Für eine Datierung in das 14. Jahrhundert spricht auch, dass die überlangen, schmalen Gürtel damals mit einem reichen Zierbesatz ausgestattet waren, wobei das „Dekor und [die] Verklammerung der Beschläge […] eine starke Beeinflussung aus der gotischen Architektur”[9] aufweisen, wie es bei ebenfalls in Hilgartsberg gefundenen Zierbeschlägen der Fall ist (vgl. Objekt 47g mit Vierpass-Verzierungen).

Warum dieser Zierbeschlag in Hilgartsberg geblieben ist und bei Grabungen gefunden werden konnte, lässt sich nur spekulieren. Die kriegerische Auseinandersetzung (1356-1359) zwischen Herzog Albrecht von Niederbayern und dem Burgpfleger Ecker von Eck, die mit einer Belagerung und Einnahme (wahrscheinlich auch Plünderung) der Burg endete, kann jedoch nicht zur Datierung beitragen, da die Burganlage danach weiterhin in Benutzung war.[10] Wahrscheinlicher ist, dass der Zierbesatz im Alltagsgeschehen von dem Gürtel abgefallen und verloren gegangen ist oder aber dass, dieser Zierbesatz weggeschmissen wurde, da er kaputt gegangen ist und damit unbrauchbar war.

 

Der mittelalterliche Gürtel und sein Besatz

Da es sich bei dem Objekt um den Bestandteil eines mittelalterlichen Gürtels handelt, soll dieser und sein Besatz nun näher untersucht werden.

Seit jeher wurde der Gürtel dazu verwendet, den Halt der Kleidung am Körper zu unterstützen. Im Mittelalter diente er außerdem der Befestigung verschiedener Gegenstände, wie bspw. Taschen oder andere Utensilien.[11]

Gürtelgehänge einer Figur auf der Grabplatte des Mainzer Erzbischofs Siegfried III. von Eppstein, um 1249, Mainzer Dom.
Bildquelle: Siebert, Guido: Der Naumburger Meister, Bd. I, Petersberg 2011, S. 619.

 

Zugleich war er jedoch ein Schmuckstück und konnte Demonstrationszwecken dienen.[12] Vor allem ab dem 14. Jahrhundert, als extrem körperbetonte Mode getragen wurde, bedurfte es der ursprünglichen „Gewandraffer”-Funktion des Gürtels nicht mehr, sodass dieser lediglich als Accessoire getragen wurde.[13]

Der mittelalterliche Gürtel bestand aus einem Riemen aus Leder oder anderem textilem Material, wobei vor allem die Ledergürtel mit Metallbeschlägen in verschiedenster Form verziert waren.[14] Über das Aussehen mittelalterlicher Gürtel geben vor allem gotische Malereien und Skulpturen ab dem 13. Jahrhundert Auskunft.[15]

Gürtel der Maria Magdalena, Ausschnitt aus: Kreuzabnahme, ca. 1430 – 1435, Rogier van der Weyden, Bildquelle: The Prado Museum.

 

Gürtel der Muttergottes, Ausschnitt aus: Maria mit dem Kind (Birnenmadonna), ca. 1510-1515, Klosterneuburg.
Bildquelle: Antje Köllermann (Hg.): Van Eyck bis Dürer (Altniederländische Meister und die Malerei in Mitteleuropa), Brügge 2010.

 

Die Zierde eines Gürtels wird auch als Gürtelbesatz bezeichnet, wobei darunter all jenes fällt, das auf dem Gürtel befestigt wurde oder an ihm hängt, wie beispielsweise Edelsteine, Edelmetalle in Form von Schmuckornamenten, Ziernägel, Fransen, Quasten, Bommel oder Schellen.[16]

Schellengürtel (sog. Dusing), Ausschnitt aus: Minneallegorie mit Spielszenen, sogenannter Spieleteppich (Bildteppich), um 1400.
Bildquelle: http://objektkatalog.gnm.de/objekt/Gew668 (01.08.2018).

 

Der Gürtelbesatz war jedoch nicht nur Dekoration, sondern hatten  meist auch eine praktische Funktion: Metallbeschläge sollten die Stabilität des Riemens unterstützen, Ziernägel haben den Riemen oder die Borte mit den Zierbeschlägen verbunden, Bortenstecker (siehe Abb.) sorgten dafür, dass die Borte sich an den oberen und unteren Ecken nicht zusammenrollte und Lochschützer verhinderten das Einreißen der Löcher, durch welche der Dorn der Gürtelschnalle geführt wurde.[17]

Bortenstecker am Gürtel des Ekkehard II. von Meißen im Dom zu Naumburg, zwischen 1243-1249, sog. Naumburger Meister.
Bildquelle: Siebert, Guido: Der Naumburger Meister, Bd. II, Petersberg 2011, S. 985.

 

Da der Gürtel aus unterschiedlichen Materialien bestand, waren bei seiner Herstellung mehrere Berufsgruppen beteiligt.[18] Darunter fallen u. a. die Riemenschneider, die Bortenwirker, der Gürtler (der den Gürtel näht und beschlägt) und die Schnallenmacher.[19]

 

[1] Ditmar-Trauth, Gösta: Fibel- und Gürtelmode der Hochgotik, Wald-Michelbach 2000, S. 43.

[2] Ditmar-Trauth 2000, S. 43 und Schopphoff 2009, S. 52.

[3] Vgl. Beschreibung bei Heynowski 2017, S. 153, Objekt 3.1.

[4] Schopphoff 2009, S. 87.

[5] Schopphoff 2009, S. 84.

[6] Schopphoff 2009, S. 10.

[7] Schopphoff 2009, S. 12.

[8] Siehe z. B. Harder, Jörg: Segmentgürtel mit mehrteiliger Anhängerkombination. Ein Frauenschmuckgürtel der Renaissance, in: Historische Archäologie, Jahrgang 2010, Bd. 3, S. 1-20, siehe: http://doczz.net/doc/5741077/j%C3%B6rg-harder—historische-arch%C3%A4ologie (01.08.2018).

[9] Loschek, Ingrid: Accessoires. Symbolik und Geschichte, München 1993, S. 63.

[10] Vgl. Fingerlin, Ilse: Gürtel des hohen und späten Mittelalters, München, Berlin 1971 (Kunstwissenschaftliche Studien, Band XLVI), S. 18.

[11] Heynowski, Ronald: Gürtel. Erkennen, bestimmen, beschreiben, Berlin, München 2017 (Bestimmungsbuch Archäologie 5), S. 11.

[12] Heynowski 2017, S. 11. Dem Gürtel wurde außerdem eine symbolische Funktion zugesprochen. Von Männern getragen, war er stets ein Zeichen der Kraft und Unbesiegbarkeit, sodass beispielsweise der sprachliche Ausdruck „sich gürten” als „sich für den Kampf bereit machen” verstanden wird. Der Gürtel bei Frauen wurde hingegen als Symbol ihrer Tugendhaftigkeit und Keuschheit verstanden. Siehe Heynowski 2017, S. 11. Für eine ausführliche Darlegung der Gürtel-Symbolik u. a. im Bereich der Eheschließung und als Liebespfand, als militärisches Rangabzeichen und im christlichen Kontext siehe Schopphoff, Claudia: Der Gürtel. Funktion und Symbolik eines Kleidungsstücks in Antike und Mittelalter, Weimar, Wien 2009 (Pictura et Poesis. Interdisziplinäre Studien zum Verhältnis von Literatur und Kunst, Band 27).

[13] Schopphoff, Claudia: Der Gürtel. Funktion und Symbolik eines Kleidungsstücks in Antike und Mittelalter, Weimar, Wien 2009 (Pictura et Poesis. Interdisziplinäre Studien zum Verhältnis von Literatur und Kunst, Band 27), S. 10.

[14] Ditmar-Trauth, Gösta: Alltag und Sachkultur des Mittelalters in Bildquellen von 800 bis zum Anfang des 14. Jh., Münster 2006, S. 484.

[15] Ditmar-Trauth 2006, S. 484.

[16] Schopphoff 2009, S. 45.

[17] Heynowski 2017, S. 179 und Schopphoff 2009, S. 53.

[18] Fingerlin 1971, S. 24.

[19] Fingerlin 1971, S. 24.

B.      Digitalisierungsprozess

Die Aufnahmen wurden am 18.07.2018 in dem Digitalisierungslabor des Lehrstuhls Digital Humanities der Universität Passau gemacht. Das Labor wurde für die Aufnahmen abgedunkelt, sodass es lediglich einen leichten Einfall von Tageslicht gab.

C.     Equipment

Folgende Gegenstände wurden für die Digitalisierung des Objekts verwendet:

  • Kamera EOS 100D
  • Festbrennweitenobjektiv 100mm
  • Reprostativ (Abstand zwischen Kamera-Objekt: etwa 50cm)
  • Drehteller mit LED-Leuchte
  • 2x RTI-Kugel (5mm)
  • PC mit Software Canon Utility zur  Kamerabedienung per Fernauslöser
  • Verbindungskabel (PC-Kamera)

D.   Aufnahmen

Die Aufnahmen wurden mit folgenden Kameraeinstellungen angefertigt:

  • Modus: Fernauslöser, Autofokus
  • Weißabgleich: automatisch
  • Blende: F/14, Brennweite: 100cm
  • ISO 100, Belichtungszeit: 3,2 sek.
  • Auflösung: 3456 x 5184 Pixel
  • Speicherformat: jpeg

Für die Bildgewinnung wurde ein Reprostativ verwendet, an welchem die Kamera befestigt wurde. Das Festbrennweiten-Objektiv war hierbei auf das Objekt gerichtet, dass in der Mitte eines Drehtellers, zusammen mit zwei RTI-Kugeln, platziert war. An dem Drehteller ist ein Arm befestigt mit dessen Hilfe die vertikale Lichtposition der LED-Taschenlampe auf 5 Winkel (60°- 50°-40°-30°-20°) verstellt werden konnte. Für jeden Winkel wurde der Arm in 10° Schritten um den Drehteller bewegt, sodass das Objekt aus 12 verschiedenen, horizontalen Lichtpositionen (‚Speichen‘) fotografiert wurde. Schlussendlich ergaben sich hierbei 60 Aufnahmen des Objekts.

Aufnahmesituation: Reprostativ und Drehteller.

 

Objekt auf dem Drehteller mit zwei RTI-Kugeln.

E.            Modellerstellung

Für die Modellerstellung mit der Software „RTI-Builder” wurden die Bilder nicht nachbearbeitet.

Um das Modell zu erstellen wurde im RTI-Builder zunächst ein neues Projekt gestartet und die Fotos des Objektes (gespeichert in einem Ordner mit der Bezeichnung „jpeg-expots”) in die Software hochgeladen.

Im nächsten Arbeitsschritt wurden die beiden RTI-Kugeln jeweils mit dem Befehlen ‚add area‘ und ‚detect spheres‘ ausgewählt und im Folgenden mit ‚highlight detection‘ die Lichtpunkte auf den RTI-Kugeln bestimmt.

Der Screenshot zeigt alle Lichtpositionen der 60 Aufnahmen.

Im Anschluss wurden die Bilder mit dem Befehl ‚use crop‘ so zugeschnitten, dass nur noch das Objekt zu sehen war.

Screenshot zeigt den ausgewählten Bildbereich.

 

Bestätigt wird die Bildauswahl mit ‚execute‘, woraufhin die Software beginnt das Modell zu berechnen. Es erscheint die Nachricht ‚Fitting completet‘ und das fertige Projekt kann nun mit dem RTI-Viewer geöffnet werden.

Objekt im RTI-Builder (‚Default‘-Modus),

 

Objekt im RTI-Builder ( ‚Specular-Enhancement‘-Modus).

 

Objekt im RTI-Builder ( ‚Normals-Visualization‘-Modus).

 

Es ergab sich jedoch zunächst folgendes Problem: Anfangs erschien nach dem letzten Arbeitsschritt die Fehlermeldung ‚Improper call to JPEG library in state 2000‘ (Abb.) und das Modell konnte nicht fertiggestellt werden. Grund hierfür war vermutlich, dass die Fotos zu oft auf dem PC hin und hergeschoben wurden, denn das Problem wurde gelöst, indem dem Programm die originalen Fotodateien direkt vom USB-Stick (ursprünglicher Speicherort) zugespeist wurden. Die Software konnte das Modell danach ohne Probleme fertig stellen.

Fehlermeldung nach dem letzten Arbeitsschritt.

 

F.  Fazit

Mit Hilfe des RTI-Modells kann man die Verzierungen des Objekts wesentlich besser erkennen, denn der zweite ornamentale Bogen war mit bloßem Auge kaum zu sehen.

Ein allgemeiner Vorteil von RTI-Modellen ist, dass durch die online Veröffentlichung dieses Objekt, nun jeder eine Zugriffsmöglichkeit auf dieses hat. Es besteht also keine Notwendigkeit mehr für Forschungszwecke an den Ort zu reisen, an dem das Objekt aufbewahrt wird.

 

G. Literaturverzeichnis

Ditmar-Trauth, Gösta: Fibel- und Gürtelmode der Hochgotik, Wald-Michelbach 2000.

Ditmar-Trauth, Gösta: Alltag und Sachkultur des Mittelalters in Bildquellen von 800 bis zum Anfang des 14. Jh., Münster 2006.

Fingerlin, Ilse: Gürtel des hohen und späten Mittelalters, München, Berlin 1971 (Kunstwissenschaftliche Studien, Band XLVI),

Heynowski, Ronald: Gürtel. Erkennen, bestimmen, beschreiben, Berlin, München 2017 (Bestimmungsbuch Archäologie 5).

Loschek, Ingrid: Accessoires. Symbolik und Geschichte, München 1993.

Lungershausen, Axel: Buntmetallfunde und Handwerksrelikte des Mittelalters und der frühen Neuzeit aus archäologischen Untersuchungen in Braunschweig, Rahswn/Westf. 2004 (Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens, Band 34).

Schopphoff, Claudia: Der Gürtel. Funktion und Symbolik eines Kleidungsstücks in Antike und Mittelalter, Weimar, Wien 2009 (Pictura et Poesis. Interdisziplinäre Studien zum Verhältnis von Literatur und Kunst, Band 27).

 

Kontextrecherche Zierbeschläge

Über die Entwicklung historischer Beschläge gefunden auf peraperis.com

Verwendung der Beschläge am Gürtel:

Mittelalterliche Gürtel bestanden zumeist aus langen Gürtelriemen, welche sowohl mit Gürtelschnalle als auch geknotet getragen wurden. An den Enden der Gürtelriemen wurden oft Gürtelenbeschläge, sogenannte Zierzungen getragen. Neben dem modischen Aspekt, erleichterte der Gürtelendbeschlag bzw. die Zunge das durchziehen des Riemens durch die Gürtelschnalle sowie das Knoten.

Desweiteren weißen mittelalterliche Funde oft Beschläge entlang des Gürtels auf. Solche Ziernieten wurden entweder nur am nach der Knotung herunterhängendem Riemenende oder aber auch den ganzen Gürtel hindurch angebracht. Hier gibt es je nach Zeit und Mode Tier- Florale oder heraldische Symbole.

Spätmittelalterliche Taschen wurden oft mit sogenannten Taschenbeschlägen auf dem Taschendeckel versehen. Zum einen dienten diese Beschläge als Accessoire, zum anderen beschwerten sie aber auch den Deckel der Tasche, sodass dieser sich nicht aufwölbte.

Gefunden auf: https://vehi-mercatus.de/Mittelalterliche-Beschlaege

Abgerundete Zierbeschläge (Riemenbeschläge ) werden auch Riemenzunge genannt. Siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Riemenzunge

 

Literatur:

Hoppe,K.-D. : Vier mittelalterliche Gürtelteile aus Wismarer Schwindgruben. – Ausgrabungen und Funde 36 (3), 147–151, in: Geschichte am Obermain / Colloquium Historicum Wirsbergense. – Lichtenfels. – 19. 1993/94
Ausleihbar via: http://gateway-bayern.de/BV002705688

Fingerlin, Ilse: Gürtel des hohen und späten Mittelalters, München 1971. Ausleihbar via: http://gateway-bayern.de/BV001940648

Schopphoff, Claudia: Der Gürtel. Funktion und Symbolik eines Kleidungsstücks in Antike und Mittelalter, Köln / Weimar 2009. Online auf Google Books

Harder, Jörg: Segmentgürtel mit mehrteiliger Anhängekombination – Ein Frauenschmuckgürtel der Renaissance, in: Historische Archäologie Bd.2 / 2010, online unter: http://doczz.net/doc/5741077/j%C3%B6rg-harder—historische-arch%C3%A4ologie
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mendel_I_013_v.jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mendel_I_063_v.jpg