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Die Taschensonnenuhr aus Hilgartsberg – Travelling through Space and Time à la Peuerbach. Teil II: Objektbeschreibung und Datierung

Objektbeschreibung

Im Fokus der Beitrags-Serie zum Thema spätmittelalterliche Reise- bzw. Taschensonnenuhren liegt das in Beitragsteil I. bereits kurz vorgestellte Exemplar, gefunden auf der Burg Hilgartsberg an der Donau, einige Kilometer stromaufwärts von Passau gelegen.

Burg Hilgartsberg heute, Blickrichtung Passau. Bildquelle: http://burgverein-hilgartsberg.de/ruine/

Genau genommen handelt es sich bei dem Objekt um den Stundenring einer solchen Uhr, vergleichbar mit dem Ziffernblatt einer (modernen) Armband- oder Taschenuhr, von ca. 4,2 cm Durchmesser.

Der Stundenring aus Metall kam während der Grabungen 2007–2009 auf der Burg Hilgartsberg im Zwingerbereich zu Tage.

Nicht erhalten hat sich bei der Hilgartsberger Uhr der Polos, auch Gnomon bzw. Schattenwerfer, als essentieller Bestandteil jeder Sonnenuhr. Verschiedene Ausführungen sind möglich, bspw. in Form eines Stabs, aufgespannten Fadens oder Poldreiecks, dessen Hypotenuse dem Polos entspricht. Unter Reisesonnenuhren werden alle Sonnenuhren zusammengefasst, die, anders als ortsfeste oder Tischsonnenuhren, zum Abfragen der Tageszeit mit auf Reisen genommen und unterwegs benutzt werden konnten. Daraus ergibt sich das ‚taschenfreundliche‘ Format. Besonders beliebt waren Versionen als Klapp- oder Büchsensonnenuhr:

Büchsensonnenuhr, hier jüngeren Datums (18. Jh). Bildquelle: Historisches Musuem Basel

Die einzelnen Bestandteile waren damit kompakt und beschädigungssicher zusammengefügt; (mindestens) zwei gleichgroße Platten (Klappsonnenuhr) oder Ringe waren mittels Scharnier verbunden, so dass sich dazwischen ein Faden oder klappbarer Schattenwerfer aufspannen bzw. stellen ließ. Eine überaus wertvolle zeitgenössische Bildquelle ist die Zeichnung eines ‚Mannes mit Taschensonnenuhr‘[1], angefertigt um 1505/08 von Urs Graf d. Ä. (1485–1528), der bezeichnenderweise nicht nur Kupferstecher sondern auch Goldschmied war. Sie zeigt uns ein Exemplar ‚in Aktion‘ und gibt Vorstellung von Handhabung dieser prestigeträchtigen Zeitmessinstrumente:

Bildquelle: Online-Datenbank Kunstmuseum Basel   [Vgl. dazu den Eintrag auf der Online-Datenbank des Kunstmuseums Basel, u. Schmid, H. A.: Der junge Mann mit der Taschensonnenuhr, in: Das Werk. Architektur und Kunst, Zeitschrift des Bundes Schweizer Architekten, Heft 8, 1939, S. XVI–XVIII.]
Detailliert sind auf der Zeichnung die einzelnen Bestandteile wiedergegeben, bis hin zur Beschriftung. Diese ist bei der Hilgartsberger Uhr wesentlicher Aspekt für Überlegungen zu Datierung, Herstellung und Nutzung: Der Stundenring zeigt die Ziffern 4–12 und 1–8 in überwiegend arabischer Schreibweise, es auffallend sind die Abweichungen bei den Ziffern 1, 2 und 12 in römischer Schreibweise. Das Ziffernband ist mittig auf dem äußeren, breiteren Ring platziert, innerhalb zweier dünner, umlaufender Linien. Auf der äußeren der beiden Linien sind die Stundenpositionen zusätzlich mit punktförmigen Markierungen exakt definiert, von denen aus jeweils ein Strich zum äußeren Rand verläuft. Die Rückseite zeigt sich rauer und unbearbeitet, bis auf einige Kratzer, die allem Anschein nach nicht dem Herstellungsprozess zuzuordnen sondern als Gebrauchsspuren zu deuten sind.

Rückseite des in Hilgartsberg gefundenen Stundenrings (Ausschnitt)

Die freie Fläche innerhalb des Stundenrings wird von drei gleichgroßen, dünneren Ringen überspannt und gegliedert. Gelblicher Glanz an Stellen mit und die abgeschrägten Kanten lassen vermuten, dass das flache, nur wenige Millimeter dicke Objekt aus einer Messingplatte ausgestanzt wurde.

Dazu passt auch die Beobachtung, dass zwischen den kleinen Ringen und dem äußeren Ring kein Übergang / Bruch im Material zu erkennen ist. In der Mitte zwischen den beiden kleineren Ringen näher der Position der Zwölf befindet sich ein kleines Loch mit Bruchstellen zu beiden Seiten. Dieses dürfte im Zusammenhang mit der Anbringung des Polos zu verstehen sein, jedoch muss dieser noch mindestens an einer weiteren Stelle befestigt gewesen sein, ohne dass sich davon Spuren, etwa in Form von Resten eines Scharniers, am erhaltenen Stundenring erkennen lassen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Stundenring aus Hilgartsberg der letzte erhaltene Teil einer ursprünglich aus mehreren Bestandteilen bestehenden Taschen-, wahrscheinlich einer Büchsensonnenuhr, ist.

Ausschnitt RTI-Aufnahme des Hilgatsberger Stundenrings mit Übergang der mittigen drei Ringe zum äußeren beschrifteten Ring und dem Loch zur Führung des Polos.

Offensichtlich war für die Herstellung solcher Zeitmessgeräte Spezialwissen nötig, und zwar in mehrerlei Hinsicht: Grundlegend war zunächst der Zugang zu ausgesuchtem Material und Werkzeug, zudem Erfahrung in der Herstellung auf Basis einer spezieller Ausbildung, etwa im Rahmen einer auf Instrumentenbau spezialisierten Goldschmiedewerkstatt. Dann bedurfte es der Käufer bzw. Auftraggeber, die sowohl über ausreichende finanzielle Mittel verfügten, Material und Arbeitszeit für die Herstellung zu bezahlen, als auch über das zur Handhabung nötige Wissen, das einen gewissen Grad an (universitärer) Bildung verlangte.

Dass sich an der Objektgruppe spätmittelalterlicher Taschensonnenuhren weit mehr als die Tageszeit ablesen lässt, wird schon mit diesen grundlegenden Überlegungen deutlich. Herstellung und Verwendung dieser Objekte verweisen deutlich auf Zugehörigkeit einer gehobenen Gesellschaftsschicht, die am Puls des Zeitgeschehens lag oder darin sogar Vorreiterrolle einnahm. Die Uhren sind damit (An)zeiger von Fortschrittlichkeit und dadurch besonders gut geeignet, um nicht nur zeitlich und räumlich, sondern auch gesellschaftsgeschichtlich Rückschlüsse auf das Zeitgeschehen im Kontext ihrer Entstehung zu ziehen. Dass dies auch im Speziellen zutrifft, im Fall der Hilgartsberger Uhr sogar geradezu mustergültig, zeigt sich schon bei ersten Vergleichen mit ähnlichen Objekten:

Vergleichsobjekte, Datierung und typologische Einordnung

Ein Vergleichsobjekt erster Güte stellt die auf der Burg Grafendorf in der Gemeinde Stockerau / Niederösterreich (zwischen Krems und Wien in Donaunähe) gefundene Taschesonnenuhr da.

Stundenring des auf der Burg grafendorf gefundenen Stundenrings einer Äuquatorial-Taschensonnenhur. Bildquelle: Salzer, 2012 (Vgl. Anm. 2) , S. 398, Abb. 58.
Bildquelle: Salzer, 2012, S. 620, Tafel 116. (Vgl. Anm. 2)

Erhalten haben sich hier sowohl der Stundenring als auch der Schattenstab aus Messing, der Ringdurchmesser beträgt 3,6 cm. Auf dem Ring sind von links nach rechts die Ziffern 4–12 und 1–8 eingeritzt, in arabischer Schreibweise ganz ähnlich der Hilgartsberger Uhr, jedoch fehlerfrei bzw. ohne ‚römische Abweichungen‘. Auch weisen beide Ringe aus Grafendorf wie die Hilgartsberger Uhr die Stundenstriche am Rand auf. Zudem hat sich bei der Uhr aus Grafendorf der Einsatz der den Polstab tragenden Querstange erhalten. Die Grafendorfer Uhr ist dem Typus der Äuatorialsonnenuhren zuzuordnen: „Das Zifferblatt dieser [Art] Sonnenuhr muss zum Ablesen der Zeit mittels eines Polhöhen- bzw. Breitenquadranten für jede geographische Breite (Polhöhe, elevatio poli) parallel zur Äquatorebene gestellt werden.“ Das bedeutet, es war zur Bedienung die Kenntnis der jeweiligen eigenen Position auf der Erdkugel in Relation zum Äquator nötig. „Zur Erleichterung sind daher auf vielen dieser [Art] Uhren sogenannte Elevationstafeln mit – anfangs teils fehlerhaften – tabellarischen Angaben der Polhöhen wichtiger Städte zu finden. Der Polstab ist in eine Position senkrecht zum Zifferblatt zu bringen, wodurch er polar ausgerichtet ist und somit parallel zur Erdachse steht. Zusätzlich muss diese Sonnenuhr mit Lot und Kompass waagrecht in Nord-Süd-Richtung aufgestellt werden. Alle Teile einer Äquatorialsonnenuhr sind in der Regel zur Grundplatte hin klappbar, was diese Sonnenuhr somit als Reiseinstrument prädestinierte. Die [zweite] Stundeneinteilung mittels gerader Einritzungen ohne Ziffern auf der Innenfläche des Ringes war deshalb erforderlich, da die Sonnenstrahlen im Winterhalbjahr, also zwischen Herbst- und Frühlingsäquinoktium, unterhalb des Ringes eintreffen, was ein Ablesen der Zeit bei Fehlen einer zusätzlichen Stundenskala entweder an der Innen- oder Unterseite des Zifferblattes verhindern würde.“[2]

Eine Ansprache auch des Hilgartsberger Funds als Bestandteil einer Äuquatorialsonennuhr ist jedoch durch das Fehlen einer drehbaren Vorrichtung zum namengebenden äquatorparallelen Ausrichten des Ziffernblatts (meist in Form eines zusätzlichen dünneren Stundenrings) auszuschließen, zu welcher dann der Polstab in senkrechte Position zu bringen gewesen wäre.[3]

Vielmehr scheint das Ziffernblatt der Hilgartsberger Uhr für die Horizontale ausgelegt zu sein, wofür auch die Anordnung der Ziffern spricht, die derer anderer Horizontalsonnenuhren gleicht. In Machart und Fundort nahestehend sind hier die auf der Burgruine Wildenstein oberhalb Bad Ischl am Zusammenfluss von Ischl und Donauzufluss Traun gefundene Taschensonnenuhr von 1570[4]

Bildquelle: Kaltenberger, 2003, S. 166 / S. 167, Abb. 1/ 2 (Vgl. Anm.4)

sowie das die jüngst am Domplatz von St. Pölten ergrabene, auf 1598 datierte Exemplar.[5]

Bildquelle: Vgl. Anm. 5

Diese Vergleichsobjekte zeigen alle das für Horizontalsonnenuhren typische ‚Gesicht‘ mit der für unsere Breitengrade gängigen Ausweisung von 16 Stunden Tageshöchstdauer.[6]

Frappant ist jedoch die Ähnlichkeit in der Beschriftung der Hilgartsberger und der Grafendorfer Uhren. Die Tatsache, dass „sich der Gebrauch arabischer Ziffern in Ostösterreich im epigraphischen Anwendungsbereich mit relevanter Belegdichte kaum vor der Mitte des 15. Jh. nachweisen“ lässt, liefert einen ersten Hinweis für die Datierung der Garfendorfer Uhr in die 2. Hälfte des 15 Jhds. Dabei ist besonders die Schlingenform von 4 und Lambdaform von 7, zu beachten, diese hält sich „– als konservative Variante – bis etwa in die Mitte des 16. Jhs., teilweise sogar noch länger. Kurzlebiger ist dagegen die linksgewendete Form von 5, die gerne mit 7 verwechselt wird. Sie verliert sich eigentlich schon im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jhs. ziemlich allgemein. Für hiesige Breiten ungewöhnlich ist die auf der Sonnenuhr verwendete Form von 8, bei welcher der untere Bogen leicht offen erscheint. Auffallend ist auch der korrekte Gebrauch der Ziffer 0 (bei 10), die sonst – etwa in Jahresangaben – bis ins erste Viertel des 16. Jh. hinein Probleme bereitete. Diese Fakten sprechen für eine Datierung nicht lange nach der Mitte des 15. Jh. – vorausgesetzt, das Objekt wurde in Mitteleuropa beschriftet. Freilich wäre eine Sonnenuhrskala als im weitesten Sinne astronomisches Gerät auch ein Sonderanwendungsbereich, bei dem arabische Ziffern schon früher, also in der ersten Hälfte des 15. Jhs. auftreten könnten. Summa summarum scheint daher aus epigraphischer Sicht eine Datierung in die Mitte des 15. Jhs. gerechtfertigt. Exakt zu dieser chronologischen Einordnung passt die älteste von Georg von Peuerbach (1423-1461) konstruierte, für Kaiser Friedrich III. bestimmte und heute im Innsbrucker Zeughaus befindliche Klappsonnenuhr aus dem Jahr 1451, deren Ziffernformen speziell bei 4, 5, 7 und 10 denen des Grafendorfer Exemplars identisch sind.“[7] Aufgrund der großen Ähnlichkeit der Beschriftung ist diese Datierung auch für das Hilgartsbeger Objekt anzunehmen.

Klappsonneuhr konstruiert von Georg von Peuerbach für Friedrich III. 1451, aufbewahrt im Museum Ferdinandeum Innsbruck. Hier aufgeklappt, im runden Feld auf dem Steg das Motto Friedrichs III.: AEI OU.  Bildquelle

 

 

 

Detail: Inschrift / Datierung 1451. Bildquelle

NB: Passenderweise existiert am (Überrest der) Grazer Burg eine Inschrift Friedrichs III. in übereinstimmender Schreibweise:

Photo: Andreas Praefcke CC BY 3.0

Das Novum: Der inkludierte Kompass

Entscheidendes Element für die Akkuratesse und verlässliche, ortsunabhängige Genauigkeit von Taschensonnenuhren des oben beschriebenen, auf Peuerbach zurückgehenden Typs ist die Inklusion eines Kompasses. Ein Kompass ermöglicht zu jeder Zeit und an jedem Ort die Ausrichtung der Uhr nach Norden. Dieser Bestandteil unterscheidet sie von den Vorgängerversionen ebenfalls trag- bzw. reisetauglichen Sonnenuhren, etwa in Ring- oder Säulenform.[8] Sowohl für Äquatorialsonnenuhren wie der Grafendorf als auch die Horizontalsonnenuhren wie der Hilgartsberger war ein Kompass zur Ausrichtung nötig. Es ist also davon auszugehen, dass auch die Hilgartsberger Uhr ursprünglich einen Kompass enthielt. Der Kompass dürfte vermutlich in dem kreisförmigen Loch, das sich direkt an den ‚zifferfreien‘ Bereich der Skala anschließt, gesteckt haben, in einer Linie mit dem Gnomon und der genau gegenüberliegenden Ziffer 12, entsprechend der typischen Anordnung bei Horizontalsonnenuhren. Auch die beiden Horizontaluhren aus Bad Ischl und St. Pölten weisen an der passenden Stelle eine Vertiefung auf, die auf einen ehemals dort eingelassenen Kompass schließen lässt. (vgl. Abb. oben)

Auch ergibt sich daraus sozusagen ein Terminus post quem: Die naheliegende Frage ist, ab wann war der Kompass in Mitteleuropa bzw. im Umfeld Peuerbachs bekannt? In China verfügte man bereits spätestens seit dem 11. Jh. über das Wissen, dass auf Wasser liegende Splitter von Magneteisenstein bzw. Magnetit sich nach Norden ausrichten. (Handels-)Kontakte zwischen China und der islamischen Welt sowie die Kreuzzüge erbrachten Wissenstransfer von Ost nach West, mit der ersten bekannten schriftlichen Erwähnung am Ende des 12. Jh. Die Weiterentwicklung vom sog. nassen zum trockenen Kompass mit auf einem Stift fixierter Magnetnadel wiederum gilt als europäische Erfindung.[9] Für 1431 ist die erste schriftliche Erwähnung eine Sonnenuhr mit inkludiertem Kompass belegt.[10] Wann und von wem diese für die Geschichte der Zeitmessung entscheidende Kombination erstmals umgesetzt wurde ist nicht eindeutig festzulegen. Wenn auch nicht direkt Peuerbach zuschreibbar, so hatte er doch maßgeblichen Anteil an der Verbreitung dieses Novums, befeuert von dessen Umfeld und Bildungshintergrund inklusive Bezügen zu den zeitgenössischen Größen und Impulsgebern des Humanismus: Peuerbach war nicht nur Hofastronom von König Ladislaus von Böhmen und Kaiser Friedrich III. sondern lehrte auch an der Universität Wien und verfasste diverse astronomische wie auch humanistische Schriften. Direkt zugesprochen wird Peuerbach jedoch die Entdeckung der der sog. Missweisung oder Deklination, was die Abweichung der von der magnetischen Kompassnadel angezeigten von der geographischen Nordrichtung bezeichnet, in erster Linie hervorgerufen durch Schwankungen des Erdmagnetfelds: Die Markierung dieser Abweichung findet sich erstmals auf den Peuerbachschen Klappsonnenuhren, mit dem genannten frühesten erhaltenen Exemplar von 1451. Zudem geht die Erfindung des Schattenfadens auf Peuerbach zurück, wie er ebenfalls in der Taschensonnenuhr von 1451 zum Einsatz kam.[11]

 

[1] Vgl. dazu den Eintrag auf der Online-Datenbank des Kunstmuseums Basel, u. Schmid, H. A.: Der junge Mann mit der Taschensonnenuhr, in: Das Werk. Architektur und Kunst, Zeitschrift des Bundes Schweizer Architekten, Heft 8, 1939, S. XVI–XVIII.

[2] Salzer, Ronald Kurt: Die spätmittelalterliche Burg Grafendorf, Stadtgemeinde Stockerau. Eine archäologisch-historische Analyse, Diplomarbeit Universität Wien, Wien 2012, hier S. 218 ff. Online unter (PDF): http://othes.univie.ac.at/26035/1/2013-02-07_0302450.pdf

[3] Die Verfasserin dankt Ronald Salzer an dieser Stelle herzlich für die Einschätzung der Hilgartsberger Uhr und die umfassende, fachkundige Auskunft zum Thema und sieht dem weitern Austausch mit Vorfreude entgegen.

[4] Kaltenberger, Alice: Eine mit 1570 datierte Taschensonnenuhr von der Ruine Wildenstein bei Bad Ischl, in: Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereins Gesellschaft für Landeskunde, Bd. 148, Linz 2003, 165­–187.

[5] Grabung / Ausstellung 2014, frdl. Hinweis von Ronald Salzer. Vgl. http://www.stadtmuseum-stpoelten.at/NEWS_FROM_THE_PAST_Niederoesterreich_Archaeologie_Aktuell/Bilder

[6] Rohr, René: Die Sonnenuhr, Geschichte, Theorie, Funktion, München 1982, S. 60.

[7] Salzer, 2012, S. 225.

[8] Fabian, Ilse: Tragbare Sonnenuhren in Europa ab 1400, in : Plus Lucis. Zeitschrift des Vereins zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts e. V., Nr. 1–2 2007, S. 40–47; Online (PDF) unter: https://www.univie.ac.at/pluslucis/PlusLucis/071/s4047.pdf

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Kompass#Geschichte_des_Magnetkompasses

[10] Salzer, 2012, S. 225,Anm. 1248: In der 1431 datierten Handschrift, die – obwohl teilweise umstritten – traditionell dem Erfurter Astronomen Nikolaus von Heybach (Heybech/Heybeck) zugeschrieben wird, findet bereits eine Reisesonnenuhr mit Kompass, äquatorialem Ziffernblatt und Polstab Erwähnung. Vgl. STB Klosterneuburg, MS 683, fol. 96r ; Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.–18. Jhds., München 1956, S. 55–58, 613; Hausmann, Tjark: Aus der Geschichte der Sonnenuhr, in: Syndram, Dirk (Bearb.): Wissenschaftliche Instrumente und Sonnenuhren (= Kataloge der Kunstgewerbesammlung der Stadt Bielefeld/Stiftung Huelsmann 1), München 1989, S. 20–35, hier S. 22.

[11] Salzer, 2012, S. 231.

 

RTI- Aufnahme und Dokumentation: Silberdenar, Kat. Nr. 85, Fundort Hilgartsberg

A) Objektkontext:

Es handelt sich bei dem fotografierten Objekt um eine Münze von dem Fundort Hilgartsberg. Im Fundkatalog wird sie unter Nr. 85 als Silberdenar (Aquileia 1277) aus vergoldetem Silber geführt. Der genaue Fundort der Münze ist der Zwinger. Die Münze hat einen Durchmesser von etwa 2,1cm. Der Rand ist ungleichmäßig, die Oberfläche des Fundstücks ist matt. Auf der Rückseite der Münze kann man einen Adler und einen Schriftzug erkennen, welcher leider nicht entziffert werden konnte. Die Vorderseite der Münze zeigt Maria mit Kind. Die Münze ist gut erhalten bis auf eine Absplitterung am Rand links unten.

Bereits im 10. Jahrhundert wurde der Standort der Burg Hilgartberg für den Erbau einer Fliehburg zum Schutz vor den Magyaren (Ungarn) genutzt. Urkundlich ist zu dieser Burg nichts überliefert, jedoch geht man davon aus, dass sie auf herzoglichem Grund erbaut wurde und nach der Jahrtausendwende an das Hochstift Bamberg, eine Gründung Kaiser Heinrich II. (1002-1024), überging.

Grundriss der Burg

Ezili de Hilkerrichesperch, ein Vasall der Bamberger Bischöfe, erbaute wohl die Nachbarsburg Hilgartsberg im 12. Jh. und nahm dabei den zum Flusstal hin exponierten Teil des Areals der Ungarnschutzburg ein. Auf ihn geht vermutlich der Name Hilkersberg (im Volksmund) oder Hilgartsberg zurück. Im Folgenden wird ein tabellarischer Überblick über die Lehnsträger der Burg gegeben:

HERRSCHAFT ÜBER DIE BURG HILGARTSBERG

11. Jh. – 1188 Grafen von Sulzbach Hochstift Bamberg
1188 –  1200 Staufer
1200 – 1248 Grafen von Ortenburg
1248 – 1531 Wittelsbacher Anfangs als Lehensträger Bambergs, dann als Eigentümer
1531 – 1593 Herren von Weißenfeld landesherrliche Lehensträger
1594 – 1616 Herren von Pollweil
1621 – 1822 Grafen Fugger – Gött

 

Unter Fugger wurde die Burg zu einem repräsentativen Schloss umgebaut und ein 493 Seiten umfassendes Grundbuch erstellt, das erstmals eine eingehende Beschreibung über das Schloss liefert. Darin heißt es, dass das Schloss insgesamt 49 Zimmer und Kammern, vier Küchen, drei Keller, und drei Verliese auf vier Stockwerken hatte. Der Innenhof war so großzügig angelegt, dass darin ein Sechsspänner wenden konnte. Ebenfalls der Schlossanlage zugehörig waren unter anderem ein Waschhaus, eine Viehstallung, eine Waffenkammer (oder eine Fischkammer), zwei Getreidekasten, die Wohnungen des Torwarts und des Gerichtsschreibers, ein Turm, drei Tore hintereinander, eine Kapelle, eine Taverne und ein Burggasthaus an deren Stelle 1829-1967 die Volksschule untergebracht war. Außerdem gab es einen Garten von welchem ein Viertel als Irrgarten angelegt war.

Schloss Hilgartsberg nach Umbau durch Fugger

Eine jüngere Beschreibung des Schlosses von Michael Wening Anfang des 18. Jahrhunderts zählt nur noch 28 Räume, was mit dem Schlossbrand von 1626 in Zusammenhang stehen mag. Der Niedergang der Burg geschah im Österreichischen Erbfolgekrieg als der österreichisch-ungarische Oberstleutnant Graf Gorani am 11. November 1742 die kurbayrische Truppen beherbergende Burg einschließen und bombadieren lies. Erhalten blieben dabei die Kanzlei im unteren Stock, die Kapelle, der Wachtturm, der Bergfried, der Stadel und die Stallungen. Seit dieser Zeit blieb das Schloss jedoch eine Ruine. 1822 verkaufte Graf Joseph Sebastian Eligius die Herrschaft für 120000 Gulden an den bayerischen Staat, was jedoch die Schlossgebäude selbst nicht einschloss. Diese wurden in einer öffentlichen Ausschreibung von Florian Koch und Philipp von Mühldorfer erworben um schließlich 1838 ebenso in Staatseigentum überzugehen und unter Denkmalschutz genommen zu werden.

Die Ruine des Schlosses nach dem Brand

Hans Eckmiller beschreibt Hilgartsberg als Ort von Mythen und Geschichten. So sind zum Beispiel manchmal die Stimmen klagender Kaufleute zu hören, die einen Hungertod erleiden mussten nachdem sie, wie es häufig vorkam, von den Hilgartsbergern überfallen und geplündert worden waren. Oder die drei Burgfräulein, die am Brunnen spuken da sie vor mehreren Jahrhunderten hinuntergestürzt worden waren. Auch das feurigleuchtende Skelett des letzten Grafen, das sich in der Mauer über dem Verließ abzeichnet, nachdem dieser von Trenk´s Panduren hier eingemauert worden war, ist manchmal zu erkennen. Besonders wenn der Wind geht sind das Klirren von Sporen, das Stampfen von Rossen, das Treiben geharnischter Gestalten zwischen den Trümmern des umgestürzten Turmes, das Rauschen der Fichten, das Fallen von Steinen des Gemäuers in der Nische des Burgfrieds zu vernehmen und eine Eule mit feuerroten Augen tut das Ihre zum übrigen Geschehen.

 

B) Aufnahmeprozess:

Die Aufnahmen wurden am Labor für Kulturgutdigitalisierung am Lehrstuhl für Digital Humanities der Universität Passau (Raum: HK 14d, Raum 204) am 06.02.2018 um 12:30 Uhr erstellt. Anwesend waren Monika Schropp und Sebastian Gassner.

 

Equipment:

  • Kamera: Canon EOS 100 D
  • Objektiv: 50mm Festbrennweite
  • Entfernung vom Objekt: ca. 31cm (Stativ)
  • Aufnahmemethode: Drehteller mit Beleuchtungsarm, Reprostation mit Stativ, Kamera im 90° Winkel über dem Objekt
  • Licht: abgedunkelter Innenraum, keine weitere Beleuchtung
  • Kameramodus: Autofokus
  • Dateiformat: jpeg
  • Blendenzahl: F18
  • Belichtungszeit: 3‘ 2‘‘
  • ISO: 100
  • Referenzkugel: eine Kugel mit 5mm Durchmesser
  • Fernauslöser, Verbindung von Kamera und PC durch USB-Kabel, Software: Canon Utility

 

Aufnahmen:

Versuch den gesamten Aufbau zu zeigen.
  • Vier Ebenen → 20°, 30°, 40°, 50°
  • Pro Ebene: 12 Aufnahmen in 30° Schritten, Startpunkte sind abwechselnd bei 10° bzw. 15°
  • Vorder- und Rückseite jeweils in einem Durchlauf
  • Gesamtzahl von 96 Bildern
  • Keine Detailaufnahmen

 

 

C) Modellerstellung

Anzahl der Aufnahmen für das zu erstellende Modell: 48

Nachbearbeitung der Bilder: keine

Verwendete Software: RTIBuilder, Version 2.0.2


 

Die Taschensonnenuhr aus Hilgartsberg – Travelling through Space and Time à la Peuerbach. Teil I : Intro

Die Taschensonnenuhr vom Fundort Hilgartsberg  ist ein vielfältiger Weise  außergewöhnliches Objekt, das eine über die ‚bloße‘ Digitalisierung (im Sinne einer Wiedergabe) hinausgehende Bearbeitung verdient und Potential für ein ganzes Projekt bietet.

Daher wird die Objektanalyse im Rahmen dieses Blogs in mehrere Teile (I, II, …) gegliedert.

Es handelt es sich um eine spätmittelalterliche Reise- bzw. Taschensonnenuhr, genauer um den Stundenring einer solchen, vergleichbar mit dem Ziffernblatt einer (modernen) Armband- oder Taschenuhr, von ca. 4,2 cm Durchmesser. Es vereinen sich in der Analyse dieses Objekts diverse Bereiche: zunächst, was die technische Seite bzw. Digitalisierung angeht, lassen sich am Objekt optimal die Vorzüge der RTI-Methode demonstrieren:

Für interaktive Lichtsimulation und Vergrößerung bitte zunächst auf die Glühbirne klicken, dann kann mit dem Mauszeiger der Lichteinfall verändert werden; zoomen mit den +/- Zeichen am Rand.

In der RTI -Datei wird die Oberflächenbearbeitung bzw. Beschriftung um vieles besser ablesbar, als mit bloßem Auge oder mithilfe eines Mikroskops, Lupe o.ä.. Feinste Berabeitungsspuren werden sichtbar, die wiederum Hinweise auf Benutzung und Herstellungsprozess geben.

Screenshots aus dem RTI-Viewer im Modus ‚Normals‘

Weiterhin bietet sich ein Methodenvergleich an, d.h. hier eine Gegenüberstellung des 2,5-D – RTI-Digitalisats zu einem vollplastischen 3D-Modell. Letzteres wiederum ruft den Gedanken wach, aufbauend auf einem 3D-Modell ein Funktionsmodell der Sonnenuhr zu erstellen, das in mit Hilfe eines Grafik-Programms  die Funktiosweise der Uhr räumlich und in Bewegung visualisiert.

Inspiration hierzu lieferte ein  Visualiserungs- und Rekonstruktionsprojekt zur Digitalisierung der Materialität mittelalterlicher Objekte auf https://mittelalter.hypotheses.org/ , wo mittels einer Rekonstruktion eines Astrolabiums  in der Opensource 3D-Software Blender auf Basis einer Zeichung in einem Manuskript des 12. Jh den Fragen nach Konstruktion und Nutzung des Geräts auf den Grund gegangen wurde.

Astrolabium (astronomisches Instrument das den sich drehenden Himmel nachstelllen lässt)                                                                                                                                                                                Quelle: Wikimedia Commons; Urheber : Jacopo Koushan (User:Jacopo188), Photograph by Masoud Safarniya (User:M.safarniya)
Astrolabium (hier: rete ) in einer Handschrift des 12. Jahrhunderts, ÖNB Wien, Cod. 12600, fol. 21r, Ausschnitt (ÖNB Wien, Lizenz CC0)
Screenshot der Bearbeitung des Modells in Blender (Michael Schonhardt, Lizenz: CC BY-SA 3.0 )

 

Video mit der Rekonstruktion im Rahmen der Ausstellung „Geheimnis – Herrschaft – Wissen: Forscherdrang hessischer Landgrafen.“ 2017,  Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt. (Michael Schonhardt, Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Schon nach diesem kurzen Überblick lässt sich festhalten: Harry Potters Timeturner kann einpacken  – denn die ‚Zeitreise‘,  die die Hilgartsberger Taschensonnenuhr ermöglicht, hat einen großen Vorteil: Sie ist echt, denn das Objekt existiert tatsächlich 😉

Die Zeit, in die man mit der Hilgartsberger Taschensonnenuhr reist, ist die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts – eine außerordentlich spannende, dichte und vielschichtige Zeit, die zu fassen nach wie vor Schwierigkeiten bereitet: Renaissance? Mittelater? weder noch? Insgesamt spricht das umso mehr für das Potential das in der Erforschung dieser Zeit steckt, und hierein passt die Hilgartsbrger Sonnenuhr ideal. Zu den Details, zunächst einer genauen Objektbeschreibung, Datierungsvorschlag und höchst interessanten Vergleichsobjekten,  mehr im nächsten Beitrags – Teil II.

 

PHOTOGRAMMETRIE AUFNAHME UND DOKUMENTATION TERRAKOTTAFRAGMENT EINES FÜLLHORNKAPITALLS FUNDORT NEUBURG AM INN

(Dokumentation orientiert am bis dato angewendeten Dokumentationsstandard für RTI- und Photogrammetrie-Aufnahmen in den vorhergehenden Kursen am Lehrstuhl)

 

Allgemeiner Hinweis: Die Dokumentation dient der Nachvollziehbarkeit des Vorgehens, sie soll daher präzise und konzise sein. Eine tabellarische Aufzählung ist bei den meisten Punkten ausreichend.

A) Objekt/ Gegenstand

Bei dem Objekt handelt es sich um ein Terrakottafragment eines Füllhornkapitells höchstwahrscheinlich einer Protaleinfassung, Fundort Schloss Neuburg am Inn, Höhe: ca. 8-12cm, Breite: ca. 30cm, Tiefe: ca. 10-20cm, jeweils von niedrigsten bis zum höchsten und oder tiefsten Punkt.

 

Der Bau des Schlosses lässt sich auf Mitte des 11. Jahrhunderts durch die Formbacher Grafen zurückzuführen. Die Lage von Neuburg muss sehr profitabel für die damaligen Besitzer gewesen sein, da das Schloss den Wasserzugang zur Stadt Passau kontrollieren konnte. Nach einer Teildemolierung 1310 wurde das Schloss wiederaufgebaut und erweitert. 1463 hat Hans von Rohrbach Neuburg erworben und hatte Erneuerungen geplant, alleine die Burgkapelle und die danebenliegende Sakristei konnte er vor seinem Tod 1464 erneuern. In den nächsten Jahren ging Neuburg durch verschiedene Hände und endete schließlich im Besitz des Grafen Niklas von Salm, dieser erklärte Wolf Huber zum Baumeister auf dem Schloss. Nach dem Tod des Grafen 1530 blieb Neuburg noch bis 1654 bei den Nachfolgern Salms, danach kam es zur einer kompletten barocken Umgestaltung unter Georg Ludwig Graf von Sinzendorf. Etwa ab dem Jahr 1730 war das Schloss im Besitz des Passauers Fürstbischofs, durch die Säkularisation wurde Neuburg Bayern zugesprochen und an Privatleute verkauft. Der Bayrische Verein für Volkskunst und Volkskunde rettete 1908 das Schloss vor dem Abriss und seit 2013 besitzt der Landkreis Passau Schloss Neuburg am Inn.

 

Das es sich bei dem Objekt um ein Terrakottafragment handelt, welches als Baudekor verwendet wurde muss noch geklärt werden, warum man überhaupt Terrakotta in dieser Zeit verwendete. Wolf Huber, Baumeister auf Schloss Neuburg, bediente sich nicht nur dem lokalen Wissen der Baukunst und Bauformen, sondern auch dem überregionalem Wissen und durch die Verwendung von Terrakotta konnte er relativ kostengünstig in nur wenigen Jahren das Schloss nach Salms italienischen Vorlieben verändern.[8] Durch die Verwendung von Terrakotta wurde dementsprechend auf die sonst üblichen Steinmetzarbeiten verzichtet.[9] Das Material Terrakotta konnte in die verschiedensten Formen geformt werden und serienmäßig hergestellt werden.[10] Kostengünstig konnten so extravagante, fantasievolle und aufwendige Wandfriesen produziert werden[11], die Auftraggeber mussten ihrer Fantasie somit keine Grenzen mehr setzten, wie es zuvor bei aufwendigen und teuren Steinmetzarbeiten der Fall war.

B) Aufnahme

Ort, Zeit, Personal: Ausstellungsraum auf Schloss Neuburg am Inn, 26.01.2018, Teilnehmer des Kurses ‚Kulturgut in 3D‘

 

Kamera: Canon EOS 100, Objektiv 18-55mm

 

Aufnahmesituation/ Lichtverhältnisse: normales Raumlicht erzeugt durch Deckenlampen, plus zwei LED-PANEL Strahler neben dem Objekt und einer Softbox Studioleuchte über dem Objekt.

Hilfsmittel: Objekt wurde auf einem weißen ca. 40 cm hohes Podest platziert, Kamera wurde an einem Stativ befestigt und damit um das Objekt gekreist. Bei den höheren Aufnahmeebenen wurde zusätzlich eine Leiter benutzt.

 

Kameraeinstellung: Kameramodus: manuell Datenformat: jpeg, Auflösung 72 dip/ 5184 x 3456 Pixel/ 24 Mpix, Belichtung: ISO 100, Brennweite: 50mm, Blendenzahl: F 22, Verschlusszeit: 1/3 Sek., Messmethode zur Belichtungsmessung und Weißabgleich: manuelle Fokussierung: Autofokus zur Justierung/ Schärfeneinstellung vor Beginn des Aufnahmesets, Fernauslöser: Nein

 

Vorgehen bei der Bildgewinnung: Vorderseite des Objekts aus 5 Ebenen jede mit 20 Positionen, Rückseite des Objekts aus 4 Ebene jede mit 20 Positionen. Die Kamera, welche an einem Stativ befestigt war, hat sich in diesen zwanzig verschiedenen Positionen und den verschiedenen Winkeln um das Objekt bewegt. Insgesamt wurden 188 Fotos gemacht.

C) Bearbeitungsprozess

Anzahl der Aufnahmen für das erstellende Modell: 188

Nachbearbeitung der Bilder: keine

Verwendete Software: Photogrammetrie Software Agisoft PhotoScan Professional (64 bit) Version 1.3.2.

Rechnerkonfiguration: Intel Core2 Quad CPU/ 4x 2.8 GHz, Arbeitsspeicher: 8,00 GB, Windows 7 Pro/ 64 Bit, Grafikkarte: NVIDIA GetForce GTX 750 Ti mit 2048MP Speicher

D) Anhang

Das 3D-Modell wurde im Labor für Kulturgutdigitalisierung am Lehrstuhl für Digital Humanities der Universität Passau erstellt, da der dort vorhandenen PC das Objekt in einer kürzeren Zeit rechnen konnte. Wie schon erwähnt mussten die Aufnahmen nicht nachbearbeitet werden und man konnte sofort beginnen das 3D-Modell zu erstellen. Bei dem Modell wurden während des Erstellungsverfahrens überflüssige Punkte in der Punktewolke entfernt, um eine weitere Bearbeitung dieser Punkte zu übergehen. Es wurden nur Punkte aus dem Hintergrund entfernt, die nicht zum Objekt gehörten. Zudem musste die Vorderseite und Rückseite des Terrakottafragments noch zusammengefügt werden, dies geschah ebenfalls mit Hilfe der Photogrammetrie Software Agisoft PhotoScan. In der Menüleiste, der Software, wird angezeigt welcher Arbeitsschritt noch zu erledigen ist.

RTI AUFNAHME UND DOKUMENTATION GÜRTELSCHNALLE KAT.NR. 31 FUNDORT JULBACH

(Dokumentation orientiert am bis dato angewendeten Dokumentationsstandard für RTI- und Photogrammetrie-Aufnahmen in den vorhergehenden Kursen am Lehrstuhl)

 

Allgemeiner Hinweis: Die Dokumentation dient der Nachvollziehbarkeit des Vorgehens, sie soll daher präzise und konziser sein. Eine tabellarische Aufzählung ist bei den meisten Punkten ausreichend.

A) Objekt/ Gegenstand Kurzbeschreibung und Kontext

Laut Fundkatalog handelt es sich um eine Gürtelschnalle, Fundort: Burgruine Julbach, Fundplatz: Burgstall, im Zuge der Grabungen von 2003 – 2013, Größe: Breite ca. 2-2.5 cm, Länge ca. 4 cm, Kat.Nr.: 31, Material: Bronze teilweise oxidiert, Oberfläche: Oberfläche weist Kratzer auf (wahrscheinlich von Schleifwerkzeugen), sechs dekorative Hervorhebungen durch Rillen

 

Die Wiedergabe des Julbacher Geschlechts und die dazugehörende Entstehungsgeschichte der Burg birgt einige Schwierigkeiten für die heutigen Forscher. Gerade im Falle der Genealogie, wie es der Begriff schon vorausgibt, befasst sich diese Wissenschaft vor allem mit der Ahnenforschung einzelner Personen oder auch von Familien. Das erste Auftreten des Ortes Julbach ist dokumentiert in einer Urkunde von Göttweig. Diese Urkunde handelt von einem Wernhard von Julbach, welcher als einer der ranghöchsten Ministerialen hervorgeht, die herzogliche Urkunde lässt sich auf den Anfang des 12. Jahrhundert datieren. Die Familie stieg rasch in der Gesellschaft auf, es ist also durchaus möglich, dass die Julbacher Grafen schon zu dieser Zeit eng mit der Nachbarfamilie Schaunberg und deren Burg verstrickt waren, denn später nannten sich die Nachkommen von Wernhard sogar teilweise nur noch nach der Burg Schaunberg. Da die Erben von Julbach nicht mehr auf der Burg wohnten, sondern auf Burg Schaunberg, ging Julbach im Laufe der Jahre durch mehrere Hände. Bis dato war die Burg noch nicht zerstört. Die Zerstörung erfolgte erst durch den niederbayrischen Erbfolgekrieg, dort wurde sie am 16.08.1504 durch die Pfälzer eingenommen und zerstört

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Julbacher Geschlecht schnell in der Gesellschaft aufgestiegen ist, aber genauso schnell wieder verschwunden war. Das gilt ebenfalls für die Burg, die schon so früh zerstört wurde, dass sie nicht einmal mehr als Ruine in den historischen Ansichten des Ortes Julbach auftaucht.[8]

 

Bei dem Objekt handelt es sich um eine Gürtelschnalle aus Bronze, wie oben schon erwähnt hat sich das Julbacher Geschlecht deutlich vor den anderen Ministerialen abgehoben. Der Kartograf Phillip Apian besuchte die Burg im Jahr

So berichtet auch der Kartograf Philipp Apian, dieser besuchte die Burg im Jahr 1568, dass es sich um eine zweiteilige Burganlage handeln musste, was auf einen höheren Rang der Familie innerhalb der Gesellschaft verweist. Auf größeren Burgen muss es verständlicherweise auch mehrere verschiedene Handwerker geben, wie zum Beispiel Schmied, Zimmermann, Steinmetzer und viele andere. Auch die anderen Objekte aus dem Fundkatalog sind Indizien dafür, dass es ein reges Leben auf der Burg stattgefunden haben muss. Einige andere Fundobjekte sind zum Beispiel neben der Gürtelschnalle, Knöpfe und Pfeilspitzen.

B) Aufnahme

Ort, Zeit, Personal: Labor für Kulturdigitalisierung am Lehrstuhl für Digital Humantities der Universität Passau, 07.02.2018, Bauer Melanie

 

Kamera: Canon EOS 100D, Objektiv 50mm

Aufnahmesituation: abgedunkelter Innenraum, wenig indirektes Licht durch Bildschirme, keine zusätzliche Raumbeleuchtung.

 

Hilfsmittel: RTI-Drehteller mit Lampenarm zur Ausleuchtung des Objekts und zwei RTI-Referenzkugeln mit dem Durchmesser 5 mm, aufgebaut auf Reprostation mit Stativ zur Kamerapositionierung (Kamera fixiert auf 34cm Entfernungshöhe) und- Fixierung USB-Kabel zur Verbindung von Kamera und PC

 

Kameraeinstellungen: Kameramodus: manuell Datenformat: jpeg, Auflösung 72 dpi/ 5184 x 3456 Pixel/ 24Mpix,

Lichtpositionen Belichtung Verschlusszeit Blendenzahl Brennweite
20° ISO 100 13s F 18 50mm
30° ISO 100 10s F 18 50mm
40° ISO 100 8s F18 50mm
50° ISO 100 6s F 18 50mm
60° ISO 100 4s F 18 50mm

Messmethode zur Belichtungsmessung und Weißabgleich: manuelle Fokussierung; Autofokus zur Justierung/ Schärfeneinstellung vor Beginn des Aufnahmesets, danach umgestellt auf manuell und nicht mehr verändert, Fernauslöser: Ja, Steuerung via PC/ Software Canon Utility

 

Vorgehen bei der Bildgewinnung: aus 4 Winkeln/ Lichtpositionen am RTI-Arm (20°-30°-40°-50°-60°) wurden jeweils in 30° Schritten (versetzt startend bei 0° bzw. 15°) entsprechend der Markierungen am Drehteller ein Seit von 60 Fotos gemacht.

C) Modellerstellung

Anzahl der Aufnahmen für das zu erstellende Modell: 60

Nachbearbeitung der Bilder: keine

Verwendete Software: RTI-Builder, Version 2.0.2

 

D) Beobachtung, Probleme, Lösungen/ sonstige Angaben zur Nachvollziehbarkeit und mögliche Reproduktion der Arbeit:

Da das Objekt klein ist wurden statt einer Referenzkugel zwei kleiner verwendet, um diese näher am Objekt platzieren zu können.

Zudem musste das Objekt zweimal fotografiert werden, da bei dem ersten Durchlauf der RTI-Drehteller nicht richtig befestigt war und die Bilder somit verwackelten. Der hier darunter platzierte Screenshot zeigt dies auf.

Photogrammetrie, Aufnahme und Dokumentation Terrakotta-Büste, Kat. Nr. 254 , Fundort Schloss Neuburg a. Inn

 Ort, Zeit, Beteiligte: Schloss Neuburg am Inn, 26.1.2018, Teilnehmer des Kurses ‚Kulturgut in 3D‘

Objekt: Das Objekt befindet sich im Schloss Neuburg am Inn, dessen Geschichte auf das 12. Jahrhundert zurückgeht. Die heutige Burgarchitektur geht auf den Bauherren Graf Niklas von Salm zurück, der den Neubau ab 1529 beauftragte. Die Burg teilt sich in Hauptburg und Vorburg (S. Bilder) auf. Im Besitz des Grafen von Salm blieb die Burg bis 1654. Danach erhielt die Burg von Graf Sitzendorf eine moderate barocke Gestaltung. Der kaiserliche Kämmerer Hamilton ließ 1698 den Südflügel zu einem Galerietrakt ausbauen. Ab 1720 war Schloss Neuburg im Besitz der Fürstbischöfe bis die Säkularisation 1803 einsetzte, was eine Versteiugerung bzw. Ausverkauf der Burg und dessen Inventars mit sich brachte. Die Burg selbst ist mit aufwändigen Arbeiten verziert, hier zu nennen der Rotmarmorsaal und die vielen Terrakottaausschmückungen.

Zur Büste selbst ist wenig bekannt. Sie zeigt eine Fantasiefigur aus Ton gebrannt und stammt aus dem 17. Jahrundert. Die Höhe beträgt ca. 48cm, die Breite ca. 30cm (Schultern).

Lichtverhältnisse

Der große Austellungsraum im Schloss Neuburg wird mit herkömmlichen Deckenlampen beleuchtet, zur Verstärkung wurden zwei LED-Lampen sowie eine Schirmlampe eingesetzt. Die zwei LED-Lampen wurden jeweils links und rechts in ca 40cm Entfernung des Objekts aufgestellt. Die Schirmlampe hat das Objekt von oben beleuchtet. Die LED-Lampen waren konstant eingeschaltet und haben somit eine verlässliche Lichtquelle dargestellt.

Aufbau/Ablauf

Die Büste wurde auf einen Quader von ca. 40cm Höhe gestellt und von besagten Lampen beleuchtet. Die Fotos wurden mit der Kammer mit Stativaufbau auf fünf Ebenen im 360° Kreis erstellt. Ingesamt ca 110 Bilder. Zusätlich wurden mehrere detaillierte Bilder von der Schulter sowie der Blumenkrone erstellt, um eine präzises 3-D Modell generieren zu können. Auch hier gilt je mehr Aufnahmen, desto detaillegetreuer das Endergebnis

Kameraeinstellungen

Kamera: Canon EOS100D, 50mm Festbrennweitenobjektiv

Kameramodus: Autofokus

Dateiformat:JPEG

Belichtung: 100 ISO, Blende 22, Belichtungszeit 0,6

Modellberechnung

Screenshot von der Modellerstellung in Agisoft Photoscan

Die Aufnahmen (JPEG) wurden ohne vorherige Bearbeitung in die Software geladen. Verwendet wurde Agisoft Photoscan Professional (64) Version 1.3.2. Auch nach dem Hochladen udn Erstellen des Modells in den vorgegebenen Arbeitsschritten wurden die Aufnahmen nicht nachbearbeitet. Einzig wurde das Modell von den überflüssigen Punkten in der Punktwolke bereinigt.

Übrigens: „Nachhaltige Digitalisierung von Kulturgut – Warum wir trotz aller Anstrengungen noch am Anfang stehen“

diese Überschrift datiert zwar bereits aus dem Jahr 2013, passt aber dennoch schön zu Thema und Inhalt des Blogs. Umso mehr darf man sich die Frage stellen was seither passiert ist. Lesenswert ist der Text aus der Vorstandskolummne der Gesellschaft für Informatik also allemal,  hier ein paar Zitate:

„trotz aller Bemühungen und den immensen Zahlen an digitalisierten Kulturschätzen, beschränken sich diese Anstrengungen meist nach wie vor auf ‚2D Artefakte‘. Für die Millionen von ‚3D Artefakten‘, die vielen Statuen, Skulpturen, Büsten, Gebrauchsgegenstände aus verschiedenen Epochen, Werkzeuge, Vermächtnisse antiker Handwerks- und Baukunst, die in unzähligen Museumsarchiven schon lange ‚unentdeckt‘ schlummern und die vielen Monumente, historischen Gebäudezüge und Ausgrabungsstätten gibt es schlichtweg noch keine kommerziell verfügbaren Technologien zur ökonomischen, schnellen und hochpräzisen Massendigitalisierung in 3D. Laut ENUMERATE, einem der Europeana zuarbeitendem Europäischen Forschungsprojekt, sind gerade mal 1% aller bereits digitalisierten Artefakte ‚3D Artefakte‘. Nur 34% der Museen haben bereits eine 3D-Digitalisierstrategie und nur 23% haben eine nachhaltige Erhaltungsstrategie für ihre Digitalisate. Laut dem Deutschen Institut für Museumsforschung warten in Deutschland allein mindestens 250 Millionen ‚3D Artefakte‘ auf ihre Digitalisierung.“

„Es gibt also enormen Handlungsbedarf, wollen wir der Millionen von ‚3D Artefakten‘ Herr werden und sie ökonomisch und zeitlich vertretbar digitalisieren und archivieren. Eine Möglichkeit, sich der Herausforderung zu stellen, ist die Entwicklung neuer verbesserter und schnellerer Akquiseverfahren. Sie werden den Durchsatz allerdings nur begrenzt verbessern können. Damit verbleibt eigentlich nur noch die volle Automation dieses Prozesses, sowie die massiv parallele Verarbeitung der Daten auf CPUs und GPUs. Allerdings setzt dies einen konstruktiven Dialog mit Kuratoren entsprechender Sammlungen voraus…“

es gibt also (nicht nur für uns) einiges zu tun! 😉

die im Text erwähnten Praxisregeln zur Digitalisierung der DFG sind -übringens- auch online zu finden.

Happy Reading!